Welche bauchmuskeln sieht man zuerst

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Welche bauchmuskeln sieht man zuerst


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sätze herabzuführen, um auf diese Art die empfindlichste Stelle des Rückgrates auszumitteln, ein Verfahren was aber zu keinem Resultat führt. Es wurde von Copeland empfohlen, aber wenn uns unser Gedächtniss nicht täuscht, nicht um die grössere Empfindlichkeit, sondern um die erhöhete Temperatur der entzündeten Rückgratsstelle auszumitteln. Es soll nämlich die Haut an dieser Stelle schneller trocken werden, als an den übrigen Theilen, der Schmerz zeigt sich remittirend oder auch wohl intermittirend, und macht mit der Contraction alle Bewegungen schmerzhaft und unerträglich, doch sind die Extremitäten etc. gewöhnlich frei von Krampf, dagegen aber oft für Berührung sehr empfindlich. In den meisten Fällen ist die Respiration beschleunigt und erschwert, das Athmen schwer und keuchend. Ausserdem finden sich noch andere Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen häufig ein: Schmerz und Steifigkeit der Extremitäten, Trismus, paralytische Erscheinungen, namentlich häufig Dysurie oder Ischurie und hartnäckige Stuhlverstopfung. Noch complicirter wird das Krankheitsbild, wenn das Gehirn mit leidet (ist dieses nicht der Fall, so bleibt das Bewusstsein ungestört) oder eigentliche Myelitis hinzukommt.

Die Krankheit tritt nun entweder plötzlich auf, oder sie leitet sich allmählig ein, wo dann der Kranke eine Zeit lang nur über grosse Mattigkeit in den Gliedern, allgemeines Uebelbefinden, Stuhlverstopfung, Beschwerden beim Harnlassen und einem leichten Schmerz in der Rückgratgegend (am häufigsten im Lumbartheile) klagt, der sich von da in die unter der leidenden Stelle eintretenden Nerven verbreitet.

Nimmt die Krankheit einen acuten Character an, so ist das sie begleitende Fieber gewöhnlich eine Synocha.

Nicht ganz selten ist die Perimyelitis auch chronisch, dann zeigen sich nur dumpfe Schmerzen im Rücken, und ein Gefühl von Hemmung der Bewegung und von Müdigkeit. Diese Form, welche oft ungemein schleichend verläuft, ist mit der s. g. Spinalirritation durch viele Mittelstufen verbunden.

$ 92. Der Sitz der Perimyelitis ist das Zellgewebe zwischen Dura mater und Arachnoidea, der Sitz oder wenigstens der Ausgangspunct der eigentlichen Myelitis (Myelitis parenchymatosa, vera, Notiacomyelitis, sensible Entzündung des Rückenmarkstranges (Sachs)) ist die Pia mater und das Zellgewebe zwischen dieser und dem Rückenmarkstrange oder auch die graue Centralsnbstanz.

Es ist natürlich, dass hier, wo das Rückenmark selbst Theil an dem Krankheitsprocesse nimmt, die Symptome sehr verschieden sind, je nachdem die vordern oder hintern Stränge, die Cervical -, Dorsal - oder Lumbarportion dieses Gebildes leiden. Noch verwickelter wird das Bild der Krankheit dadurch, dass oft das Gehirn mit leidet, denn die Entzündung hat die Neigung sich aufwärtssteigend zu verbreiten, daher sieht man oft zuerst Lähmung der Unterextremitäten, dann der Bauchmuskeln, dann Brustaflectionen und endlich Lähmung der Oberextremitäten eintreten.


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Ist diese Symptomengruppe sehr ausgebildet, so verdunkelt sie alle übrigen und nimmt alle Klagen des Kranken allein in Anspruch. Ist dieses aber nicht der Fall, so werden andere Gruppen sichtbar. Dahin gehören: heftige Schmerzen in der Magengegend, wobei dieselbe gegen Berührung sehr empfindlich ist; Erbrechen, anfangs nur den Husten begleitend, bald auch ohne denselben; ferner: Auftreibung des Unterleibs, Schmerzhaftigkeit der Lebergegend, icterische und biliöse Symptome, galliges Erbrechen; oder: Affectionen der Milz und des Pancreas, z. B. örtliche Schmerzen, Auftreibung, Gefühl von Druck, saures Aufstossen, Erbrechen von dunkeln, missfarbigen, blutigen Stoffen.

Die Erscheinungen, welche in den Kreis der Vagusaffection gehören, önnen nur chronisch heranschleichen, oder sie treten gedrängt und intensiv stark auf und bilden die acute Vagusentzündung. Das hierbei statt findende Fieber ist oft ganz unbedeutend, der Puls, wie schon gesagt, sehr veränderlich, die Hitze nicht stark aber ungleich vertheilt, namentlich die Extremitäten oft kühl. Die Excretionen wenig verändert, aber träge.

S 94. Alle diese Formen von Affectionen des Rückenmarks entwickeln sich zuweilen sehr schleichend, so dass es Monate und Jahre dauert ehe endlich der Tod eintritt, zuweilen aber ist der Verlauf auch sehr acut, und das Ganze ist in wenig Tagen entschieden. Die acute Myelitis dauert im Mittel 7-9 Tage.

Geht es günstig, so lassen die Erscheinungen unter den gewöhnlichen Fiebercrisen nach, wenn die Krankheit acut war. In chronischen Fällen bemerkt man nur eine sehr allmählige Abnahme der Beschwerden. Wenn Exsudation erfolgt, so ist nicht immer der Tod unvermeidlich, meist aber bleiben Lähmungen zurück. Die Exsudate können nun, wie bei jedem Entzündungsprocesse, in Serum oder Lymphe bestehen, welche letztere dann oft in Eiter übergeht, auch wohl gerinnt und Verhärtung der Substanz erzeugt. Serose Exsudation erzeugt, wenn sie in grösserer Quantität Statt findet, zuweilen ödematöse Anschwellung der Hautbedeckungen der Wirbelsäule. Bei Eiterung zeigen sich die Symptome der Febris hectica.

Geht die Krankheit zum tödlichen Ende hin, so verbreiten sich paralytische Erscheinungen über mehrere Theile oder es treten Symptome auf, welche ein Mitleiden des Gehirns andeuten. Gewöhnlich stirbt der Kranke in den acuten Fällen unter suffocatorischen oder apoplectischen Erscheinungen von der Brust oder von dem Gehirn aus. Chronische Fälle tödten, indem die Lähmung von unten nach oben fortkriecht.


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weilen beobachtete man auch eine Hautwassersucht nach dem Verschwinden der Parotisgeschwulst, ähnlich der wie nach Scharlach. Zuweilen leidet auch das Gehirn bci noch bestehender Parotidengeschwulst.

Diese Metastasen ereignen sich zum Theil auf nachweisbare Veranlassungen, namentlich nach Erkältungen, Diätfehlern, dem örtlichen Gebrauche reizender Salben etc., nicht selten aber auch ohne irgend eine bemerkbare Ursache. Das Fieber nimmt dann wieder zu und meist zeigt sich in der folgenden Nacht die Metastase.

Zuweilen leiden die Parotiden bei einer Epidemie weniger, dagegen werden die Submaxillardrüsen mehr angegriffen. So kam 1833/34 eine solche Epidemie in Bonn vor, die vorzügfich Kinder von 3 - 15 Jahren ergriff. Mit den ersten Zufällen (Müdigkeit, Kopfschmerz, Schauder, abendliches Fieber und Schweiss) stellte sich auch Steifigkeit in der Bewegung des Mundes und schmerzhafte Geschwulst der Drüse ein. Am Tage fühlten sich die Kinder wohl, des Nachts aber waren sie sehr unruhig und schwitzten mehr am Kopf und Hals, als allgemein. Der Puls war beschleunigt, aber leer, schnell bis zum 5-7 Tag wuchs die Geschwulst und nahm dann unter reichlichen Stühlen und Schweissen ab; öfter aber zog sich das Uebel auch bis zum 14—18 Tag bin, zuletzt verschwand die Anschwellung des Zellgewebes, die der Drüse aber blieb und die wässrigen Stühle fehlten. In andern Fällen ging die Geschwulst in Eiterung über. Mit Ausbildung der Geschwulst verlor sich das Fieber (Albers im rhein. u. westf. Conv.-Bl. 1844. No. 13).

$ 101. Beim Typhus und den exanthematischen Fiebern localisirt sich der Krankheitsprocess zuweilen in einer oder der andern Parotis. Diese Parotitis secundaria ist für die ganze Krankheit von sehr verschiedener Bedeutung, und namentlich nach der Eigenthümlichkeit der Epidemie zu beurtheilen. Sehr häufig ist sie mali ominis. So starben in einer Epidemie von ansteckendem Typhus, die wir beobachteten, alle Kranke, bei denen sich Parotitis zeigte, unrettbar. Dagegen haben wir während einer Epidemie von Abdominaltyphus einen Fall beobachtet den man mit Recht „Parotidentyphus” hätte nennen können. Das Gehirnleiden, der ganze eigenthümliche cyclische Verlauf des Typhus war da, aber keine sonstigen Localleiden, als die um den 7ten Tag deutlicher hervortretende Parotidengeschwulst, die während des 2ten Stadiums des Typhus in Verjauchung überging. Die Kranke genas indess. Nach Graves sind bei den während des Typhus erscheinenden Ohrdrüsengeschwülsten allerdings Parotis und Submaxillardrüse besonders ergriffen, aber es ist auch das Zellgewebe unter der Haut, zwischen den Muskeln und selbst zwischen den Muskelbündeln von einer röthlichen serösen Flüssigkeit durchdrungen, und wenn die Geschwulst noch länger gedauert hatte, findet sich meist auch hier Jauche vor (Lond. med. Gazette. 1831. Febr.). Ein Typhus, der sich in dieser Gegend allein localisirte, scheint auch die von Ludwig (Württemb. Conv.-BI. VI. No. 4) zuerst beschriebene brandige Zellgewebsverhärtung des Halses (Metaphlogose des Zellgewebes am Halse, Parasynanche) (Heim) gewesen zu sein, welche 1837 namentlich in Württemberg von vielen Aerzten beobachtet wurde und überall als Nachzügler eines Abdominaltyphus (von „gastrisch - nervösen Fiebern") erschien. Bei mässigem Fieber mit Schlingbeschwerden entwickelte sich namentlich im Zellgewebe, welches die Gland. submax. umgiebt eine Geschwult desselben, welche nach vorn zu bis zum Kinn und über den Kehlkopf weg und nach hinten bis über die Parotis hinaus fortrückte, sich in die tiefern Zellgewebslagen zwischen den Muskeln, zwischen Unterkiefer und Zungbein hinein erstreckte und auch die Muskeln selbst ergriff und in starker Wölbung nach aussen ragte. So ruht die Zunge nun auf einem rings verhärteten, hochrothen, bläulichrothen Boden und ist nach oben und hinten gedrängt; die Fähigkeit den Kiefer zu bewegen, zu schlingen und zu sprechen ist bedeutend erschwert, aber weniger durch eine Entzündung der Schleimhäute als durch den mechanischen Druck. Die Drüsen selbst sind kaum afficirt, die Geschwulst hat ihren Sitz allein im Zellgewebe, und schreitet in der Art fort, dass der „steinharte" Rand derselben von noch ganz freiem Zellgewebe begrenzt wird. In den ersten 4-6 Tagen ist das Allgemeinbefinden nicht bedeutend alterirt, dann aber wird die Geschwulst weicher, bricht an einzelnen Stellen auf, ergiesst eine übelriechende Jauche und die ganze ergriffene Zellgewebspartie geht in Verjauchung über. Damit entwickeln sich die Erscheinungen eines putrid typhösen Fiebers, und der Kranke stirbt den 10-12 Tag von Beginn der Krankheit unter comatösen Erscheinungen und denen der Lungenlähmung. Es zeigt indess der Verlauf in Bezug auf die Zeit des Eintritts des Fiebers, der Entwickelnng und des Grades der örtlichen Zufälle mannigfache Nuancen.


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schmerzhaft, meist auch die Haut bald geröthet, und wenn man von Anfang an die Eiterung durch Breiumschläge befördert, so ist der Verlauf, wie bei einem gewöhnlichen Haut - oder Drüsenabscesse. Wir haben dergleichen Entzündungen oft beobachtet, seltner in der Parotis, häufiger in den Submaxillar - und Sublingualdrüsen, nicht selten auch nur im Zellgewebe. In Bezug auf Geschwulst und die durch letztere auf mechanische Art berbeigefübrten Beschwerden waren die Erscheinungen ganz identisch mit den § 100. 101. beschriebenen Fällen, nur das Grundleiden war andersartig. Panck (Zeitschr. für d. ges. Med. Bd. XX. Hit.1) beschreibt die Krankheit als ,,Zellgewebsverhärtung am Halse" und man hat sie mit der von Ludwig beschriebenen Form östers verwechselt. Wir haben nie einen unglücklich ablaufenden Fall gesehen. Sobald der Abscess reif und dem Eiter Ablluss geschafft war, wurde alles besser und die Heilung ging immer ohne weitere Zufälle rasch genug von Statten.

Dieses Leiden hat wohl mit dem Erysipelas phlegmonosum die grösste Aehnlichkeit, und es scheint als wenn man es selbst unter Begünstigung der Constitutio stationaria als beschränkte Epidemie beobachtet hat. Wir haben es nur sporadisch gesehen, aber schon sehr oft.

$ 103, Parotilis erysipelacea erscheint epidemisch, besonders im Frühlinge und Herbst, bei feuchter, unbeständiger Witterung. Es folgen sich dergleichen Epidemieen oft ziemlich rasch, dann aber vergehen wieder mehrere Jahre ehe sie sich zeigen. In feuchten, nebligen Gegenden, in Küstenländern soll die Parotitis besonders oft vorkommen, im Süden häufiger, als im Norden sein, welcher letztere Ausspruch aber noch der Bestätigung ermangelt. Kinder und junge Leute werden von ihr am häufigsten befallen. Nach der Annahme Mehrerer ist sie ansteckend, woran wir nach unsern Beobachtungen noch sehr zweifeln.

Warum in einzelnen Epidemien des Typhus, des Scharlachs etc., häufiger Parotidengeschwulst als in anderen, beobachtet wird, wissen wir, wie alle dergleichen Fragen, gegenwärtig nicht zu beantworten.

Die eigentliche Entzündung der Speicheldrüsen und des benachbarten Zellgewebes kann allerdings auch durch traumatische Veranlassungen hervorgerufen werden, gewöhnlich aber ist keine Veranlassung ausfindig zu machen, und es wird daher meist ,,Erkältung" hypothetisch angeschuldigt, ohne dass sich aber diese Ursache genügend rechtfertigen liesse.

$ 104. Die Prognose ist bei der Parotitis erysipelatosa im Allgemeinen sehr günstig. Bei Metastasen ist die Sache allerdings übel, die Hoden werden zuweilen atrophisch, und Versetzungen auf das Gehirn tödten oft sehr rasch und rettungslos. – Jene Parotiden, welche beim Typhus etc. erscheinen sind meist von ungünstiger Bedeutung, ja in manchen Epidemieen muss man alle Hoffnung aufgeben sobald sie erscheinen. Die s. g. Metaphlogosis des Zellgewebes am Halse hatte in den meisten Fällen einen üblen Ausgang. Die wahren Entzündungen der Drüsen etc. haben nach unserer Erfahrung zwar viel Leiden im Gefolge, sind aber nicht gefährlich.


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angstvolles oder dunkelrothes aufgetriebenes Gesicht etc., dabei ist hier mehr oder weniger intensives synochöses Fieber vorhanden.

Zuweilen ist nur ein Theil der Zunge entzündet, und dann sind die Zufälle weniger bedeutend. Besonders stark waren die Schlingbeschwerden in einem von Wendt beobachteten Falle, wo mehr die Muskeln ergriffen waren, welche die Zunge beim Herunterschlingen anziehen.

Die Zungenentzündung zertheilt sich bei einem zweckmässigen Verfahren zuweilen sehr rasch, wobei das Fieber seine Crisen zeigt. Zuweilen aber bildet sich ein Abscess aus, bei welchem die Athmungsnoth sehr zunimmt bis der Eiter Abfluss erhält. In bedeutenden Fällen ist auch wohl schon Erstickung erfolgt, auch soll Brand eingetreten sein. Abscesse heilen sehr rasch.

$ 112. Die Ursachen, welche die Zungenentzündung hervorrufen können, sind theils Verletzungen aller Art, theils soll sie öfters Folge von Erkältung sein. So folgte sie plötzlich auf einen kalten Trunk bei erhitztem Körper. Ein ander mal wieder entstand sie auf Unterdrückung eines Fussschweisses. - Die Anschwellung der Zunge in Folge des Quecksilbergebrauchs, welche einen enormen Grad erreichen kann, kann man aber, wenn man nicht mit den Begriffen spielen will, nicht Zungenentzündung nennen. Auch ist es wohl vorgekommen, dass ein Milzbrandcarbunkel sich in der Zunge entwickelte. Hier ist nun allerdings rascher Tod die Folge, theils wegen der rasch sich entwickelnden Geschwulst der Zunge und der benachbarten Theile, theils wegen der Blutvergiftung. Doch auch diese Fälle zählt man nur mit Unrecht zu den Entzündungen.

Die Prognose ist im Allgemeinen nicht so schlimm, wenn zweckmässige Hülfe in der Nähe ist.

S 113. Die Behandlung ist nun die im Allgemeinen dem entzündlichen Processe entsprechende. An eine Berücksichtigung der etwa vorhandenen Causalindication ist nicht viel zu denken, man muss nur zuerst Erleichterung schaffen und die Athmungsnoth vermindern. Man entziehe also den Verhältnissen entsprechend Blut durch Aderlässe und Blutegel (oder blutige Schröpfköpse), lasse warme Dämpfe einziehen und befördere die Darmentleerung durch Klystiere. Hilft dieses Alles nicht viel (wie gewöhnlich), so mache man dreist 1–2 tiese Längsschnitte in die Zunge und lasse dieselben tüchtig ausbluten. Nur müssen sie nicht zu flach sein, worüber man sich der Geschwulst halber sehr täuschen kann. Ist die Zunge zusammengesunken, so kann man hernach schleimige, erweichende Mundwasser u. a. anwenden, aber eigentlich ist nichts, als öfters Ausspühlen des Mundes mit lauem Wasser nöthig. Wir haben die Glossilis rera zwar nur einmal beobachtet, uns aber von der Nutzlosigkeit aller Mittel mit Ausnahme der Einschnitte sattsam in diesem Falle überzeugt. Bildet sich ein Abscess, so muss auch dieser sobald wie möglich geöffnet werden und auch dann ist, wenn nicht eine Dyscrasie etwa obwaltet, weiter keine Nachbehandlung als Ausspülen mit reinem Wasser nöthig. Die gleichförmige feuchte Wärme, die in der Mundhöhle ohnehin herrscht, thut das beste. Eigentliche Verschwärungen werden nach den Regeln der Helcologie behandelt.


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hilft dieses Verfahren gar nichts, nur bei Catarrhus faucium ist es von Nutzen, so auch wohl bei den gelindern Graden der Diphtheritis. Andere empfehlen Ra. Pimpinellae albae und wieder Andere den Guajac als untrügliche Mittel zur Unterdrückung der Angina ,, im Entstehen"!! Indess lohnt es nicht der Mühe, über solche Anpreisungen nur ein Wort zu verlieren. Wenn in Folge eines Catarrhs die Tonsillen anschwellen, so reicht meist das Umbinden eines Stückes Flanell um den Hals und Hüten des Zimmers zur „Kur" hin, und da kann man daneben noch so viel Specifica erfinden, wie man gerade will.

Das Einziehen milder Dämpfe ist erleichternd und um so mehr an seinem Platz, je tiefer nach hinten die Angina ihre Stelle hat. Man benutzt dazu die Dämpfe eines Aufgusses von Flor. Sambuci und setzt demselben, wenn der Zustand nicht hoch entzündlich, mehr schleichend ist, etwas Franzbranntwein etc. zu. Gurgelwässer, welche viele Aerzte sehr lieben, helfen so gut wie gar nichts, sind nur beschwerlich (bei mehr chronischem, reizlosem Zustande sind indess Gurgelwasser sehr gut). Besser sind allerdings Injectionen, nur muss der Strahl die afficirte Tonsille unmittelbar treffen. Sie dienen namentlich um die Absonderung des Schleims zu befördern, und wenn die erste Hestigkeit der Entzündung gebrochen ist, können etwas reizende und adstringirende Injectionsflüssigkeiten gewählt werden. Es dienen dazu Aufgüsse von Hba Salviae, Rad, Pimpinellae, mit Zusatz von Rothwein, Salmiak, Weinessig, Alaun etc. Dieselben Mittel kann man auch, wo Gurgelwässer passen, zu diesen benutzen. So ist ein Aufguss von Salvia mit Rosenhonig ein altes und beliebtes Hausmittel. Bei noch hochstehender Entzündung sind ganz milde Injectionen aus Fliederthee mit Milch, Milch mit Wasser, Abkochungen von Hba Molvae etc. anzuwenden.

Ist die Angina nicht bedeutend, noch im Entstehen, so sind äussere Einreibungen in den Hals nicht ohne Nutzen, zumal von Linim, amoniat. mit Campher. Auch Sensteige und Vesicatorien passen hier. Immer umhülle man den Hals mit einem Stück Flanell. Mercurialsalbe aber vermeide man streng.

Die allgemeine Behandlung ist ganz pach der für die Synocha gegebenen Regeln einzurichten,

$ 120. Kommt man nicht gleich im Anfange hinzu, oder steigt die Entzündung rasch, so ist gewöhnlich Eiterung nicht zu verhüten. Aber selbst in solchen Fällen mache man wo möglich einige tiefe Einschnitte in die Tonsillen, der Eiter bahnt sich dann viel leichter einen Weg nach aussen und die Geschwulst (also auch die von ihr herrührenden Beschwerden) erreicht nie die Höhe wie unter andern Umständen. Dann aber sind Cataplasmen die Hauptsache, woraus man sie macht ist wohl gleichgültig, denn die Wärme ist das Wirksame. Dabei sehe man täglich nach, und sobald sich die leiseste Spur des gebildeten Eiters zeigt, steche man die Tonsille dreist an. Hat der Eiter Abfuss, so setze man die Cataplasmen noch fort und lasse mit milden Mitteln gurgeln. Kann man nicht zur Tonsille gelangen und drängen die Verhältnisse, so kann die Anstrengung des Erbrechens sehr gut das Platzen des Abscesses befördern und man giebt daher ein Brechmittel. Wir haben uns indess dieses zweideutigen Mittels nie bedient. Bleiben Erosionen zurück, will sich die Wunde nicht recht schliessen, dann ist der Borax mit Rosenhonig ein trefflicher Pinselsaft.


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zu der Gruppe der Erysipelatosen (I. $. 300) und sind ein Ausscheidungsprocess von pathologischen Stoffen, beruhen aber auf keiner vorgängigen wirklichen Blutmetamorphose. Auch hier sind die Störungen vorzugsweise gastrischer Art und verkündigen sich namentlich als krankhafte Säureerzeugung. Die Kinder (vorzüglich sind es Säuglinge, oft schon in den ersten Tagen nach der Geburt, die befallen werden) sind unruhig, schreien viel, wimmern, fassen die Brust hastig und lassen sie unter Schreien wieder fahren. Der Mund ist heiss, der Urin scharf und häufig, der Stuhlgang mehr oder weniger durchfällig, lauchgrün, gehackt, faserig. Häufig sind Colikschmerzen, welche die Kleinen durch Wimmern und Anziehen der Füsse an den Leib zu erkennen geben, oft erbrechen sich auch die Kleinen viel, dabei werden sie wegen Schlaflosigkeit und Mangel an Nahrung welk und bleich. Zuweilen ist auch etwas Hitze und ein fieberhalter Zustand.

Während dieser Zufälle brechen nun in einzelnen Schüben kleine, Anfangs weissliche, perlgraue, glänzende Bläschen an den Lippen, am Zahnfleisch und der Zunge, aber auch am weichen und harten Gaumen aus. Diese sich bald trübenden Bläschen platzen auf und verwandeln sich so in oberflächliche Geschwürchen, welche dem Kinde seht zusetzen. Die Mundschleimhaut ist geröthet, heiss, aufgewulstet, die Kinder speicheln viel. Sieht man in den Mund, so bemerkt man in diesem ausser jenen Bläschen und Geschwürchen auch noch gewöhnlich hier und da einen weissen breiartigen Ueberzug oder wenigstens einzelne dergleichen Flecke. Es ist dieser weisse Stoff häufig Nichts als geronnene Milch, doch kommen auch mehr oder weniger bedeutende Spuren von pseudomembranösen Ausschwitzungen vor, jedoch bei diesen einfachen Aphthen nur selten und wenig.

Diese ,,Phlyctaenosis oris" wird mehrentheils durch Fehler im Regimen und in der Diät der Säuglinge erzeugt. Dergleichen Schädlichkeiten sind: Unreinlichkeit, schlechte Milch, Diätfehler und Gemüthsbewegungen der Säugenden. Sehr oft ist an ihrer Entstehung verabsäumte Reinigung des Mundes und der Gebrauch der leicht sauerwerdenden Zalge (Lutschbeutel, oft aus zerkauetem Brote bestehend) oder anderer in saure Gahrung übergegangenen Nahrungsmittel Schuld. Namentlich ist bei der künstlichen Ernährung des Kindes viel Sorgfalt auf die Gefasse, aus denen es zu Trinken erhält, zu verwenden. Werden diese nicht täglich mit kochendem Wasser am besten mit schwacher Lauge) gereinigt, so wirkt der in den Ritzen der Gefässwände zurückbleibende Rest wie Laab auf die Milch, die dadurch gleich ansäuert. Wir erwähnen dieses Umstandes, um unseren jüngeren Collegen den Rath zu geben, in den Kinderstuben alle Verhältnisse recht sorglich ins Auge zu fassen.


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thun. Hiernach ist die Bedeutung der Aphthen im concreten Falle zu beurtheilen, so wie der Streit, ob es critische Aphthen gebe oder nicht. In Bezug hierauf müssen wir bemerken, dass es unzweifelhaft Fälle eines wahren Stomatotyphus giebt. Baumgärtner zeichnet ihn unter der Benennung „aphthöses Nervenfieber” kurz aber sehr gut. Der Kranke fühlt Abgeschlagenheit in den Knieen, wird von Frost und Hitze befallen, bekommt tiefrothe Wangen, Schwindel und Kopfweh und eine stark belegte Zunge. Es stellen sich copiöse Durchfalle ein, und in wenigen Tagen sinken die Kräfte in hohem Grade und der Kranke fängt an zu deliriren. Man entdeckt nun Schwämmchen auf der Zunge und diese umspinnen in kurzer Zeit die Zunge, das Gaumensegel, das Zäpfchen und den ganzen Schlundkopf so, dass nun diese Partie beinahe das Ansehen darbietet, welches sie in den hohen Graden des Rachencroups zeigt. Bald erreicht die Schwämmchenbildung auch die Respirationswege, die Stimme wird heiser, und es stellt sich ein äusserst quälender Husten ein, durch welchen eine Menge seröspituitöser Stoffe ausgestossen werden. Unter diesen Zufällen, andauerndem Fieber, Durchfällen und Delirien, und einer gefährlich werdenden Erschöpfung, dauert die Krankheit bis in die dritte Woche und länger, wo endlich unter Schweissen, Losstossung der Schwämmchen und kritischem Urin das Fieber allmählig verschwindet. (Baumgärtner, Krankh, u. Heilungslehre I. $ 214.)

Natürlich ist die Bedeutung der Aphthen (die im vorstehenden Falle z. B. mehr die Form des Soors als der wahren Aphthen zeigen) eine ganz andere, wenn die Localisation des typhösen Processes vorzugsweise auf der Mundschleimhaut Statt findet, als wenn diese nur deswegen mit afficirt wird, weil die andern Particen der Schleimhäute gewissermassen schon überladen sind. Ob übrigens bei allen diesen symptomatischen Aphthen mehr die einfache ulcerative Form oder mehr die pseudomembranöse vorherrschen soll, kommt wohl vorzüglich auf das Quale des auszuscheidenden Stoffes an.

Wo sich bei fieberhaften Krankheiten eine Aphthenbildung einstellt, geht derselben nicht selten eine sichtbare Verschlimmerung des ganzen Krankheitszustandes voran. Die örtlichen Symptome, welche den Ausbruch der Aphthen anzukündigen pflegen, sind: reichliche Absonderung von zähem, übelriechendem Schleime, brennender Schmerz im Munde bis in den Schlund hinein, erschwertes Schlingen, bisweilen die Empfindung, als ob ein festsitzendes Hinderniss sich in der Speiseröhre befinde. Das brennende Gefühl oder eine Empfindung von Roh- oder Wundsein scheint bei vielen Kranken von den Lippen, der Zunge und dem Gaumen in gleicher Weise durch den Hals, die Brust und den Magen sich zu verbreiten. Die Schleimhaut ist geröthet. Oft bilden sich die ersten Aphthen in der Tiefe des Schlundes meist in Gestalt von Bläschen, und gewöhnlich erfolgen viele Eruptionen nach einander, die kleinen vorher isolirten Geschwürchen werden grösser, nähern sich, und fliessen zuletzt zusammen, so dass grosse eiternde Flächen gebildet werden können. Sehr häufige Begleiter der Aphthen im Munde sind schmerzhaftes Erbrechen, erschöpfende Durchfälle und heftige Leibschmerzen. Oft erregen die mildesten Nahrungsmittel unerträgliche Empfindungen im Magen, die durch den ganzen Darmcanal sich fortzusetzen scheinen und gern mit der schleimigen Ausleerung der fast unverändert gebliebenen Speisen endigen.


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anwenden, oder Zincum sulphuricum u. ähnl. Greifen die Geschwürchen tiefer ein, wie dieses bei Lungensüchtigen nicht selten zur grossen Qual des Kranken Statt findet, so muss man wohl zu mehr adstringirenden Stoffen greifen. Dahin gehören Alaunsolutionen, Aufgüsse von Salvia, Chamom. etc. Tinct. Laccae mit einigem Zusatz von Salzsäure u. ähnl. Nicht selten thun die Mittel, welche man beim Mundscorbut örtlich anwendet, die besten Dienste, namentlich der Spiritus Cochleariae mit TRa. Laccae.

Gegen die Aphthen der Tropenländer empfiehlt Chisholm vor Allem: Aufenthalt auf dem Lande, Enthaltsamkeit von Früchten, Vegetabilien und spirituosen Getränken; ausserdem gelind eröffnende und zum Beschluss der Kur tonische Mittel. Er giebt auch einen Monat lang kleine Dosen von Zincum oxydat. mit Asa, Valeriana und Hyoscyamus, zur Nachkur Aqua calcariae.

$ 130. Eine Krankheit, welche in neuerer Zeit zuerst als eigne Species unterschieden wurde, die aber auch sogleich durch Verkennen des eigentlichen Angelpunctes zu vielen Missverständnissen und Verwirrungen in der Pathologie Veranlassung gab, ist der Racheneroup (Angina diphtherica, Diphtheritis, Angina pseudomembranacea, Angine couenneuse, pultacée, caséiforme; Angina ulcerosa). Sie ist in vielen Beziehungen dem Soor ganz nahe verwandt, und befällt, wie dieser, vorzugsweise Kinder, doch nicht nur Säuglinge, sondern vorzüglich ältere. Indessen ist sie Erwachsenen auch nicht fremd und Bretonneau beobachtete die berühmte Epidemie 1826 besonders bei jungen Soldaten. Am häufigsten tritt sie als Epidemie auf.

Der erste Anfang des Uebels ist oft kaum bemerkbar, nicht selten stellen sich nur leichte Schlingbeschwerden ein, die aber um so weniger beachtet werden, als sie in der Bettwärme sich wieder verlieren. In andern Fällen aber klagt der Kranke über Steifigkeit des Halses, über Hitze und Schmerz im Halse; der Hals ist dann oft angeschwollen, die Hals- und Submaxillardrüsen, selbst die Parotis sind aufgetrieben, die Augen thränen und das Gesicht ist gedunsen. Sieht man in den Mund, so bemerkt man eine meist nur geringe Röthung der Zungenwurzel, des Gaumensegels und des (gewöhnlich angeschwollnen) Zäpfchens. Nach längerer oder kürzerer Zeit einigen Tagen oder - Stunden) bilden sich an diesen Theilen regelmässige, weissgelbliche, ein speckiges Ansehen habende Plättchen, gewöhnlich zuerst an der obersten Spitze einer Tonsille. Dergleichen Flecke schiessen mehr und mehr auf den bezeichneten


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In der neuesten Zeit hält man die Diphtheritis östers für eine Abart des Typhus. Zu dieser Annahme berechtigt nun gar nichts. Dass beim Typhus, bei der Ruhr, bei den Exanthemen sich der Process auch auf der Schleimhaut des Pharynx etc. localisiren kann, und wirklich sich öfters localisirt, ist durch die Erfahrung hinlänglich dargethan, aber alle diese Formen jener Krankheit haben mit der Diphtheritis von der wir hier sprechen, nichts als eben nur die Form gemeinschaftlich.

$ 134. Die Diphtheritis scheint an und für sich nur dadurch gefährlich zu werden, dass sie sich über die Schleimhaut der Respirationswege mit verbreitet, also nicht durch die Gewalt des Processes, nicht eigentlich durch die Intensität desselben, sondern durch die Bedeutung der ergriffenen Membran. Baumgärtner vergleicht die Ausbreitung der Membranbildung beim Rachencroup mit dem Fortwuchern des Mauerschwammes, nimmt also an, dass dieselbe von einem Punct ausgehend sich in der Fläche weiter verbreite, eine Ansicht die sich schwerlich theilen lässt, wenn wir sehen wie z. B. die Speiseröhre frei ist, während die Ausschwitzung sowohl im Pharynx als im Magen sich zeigt. Guer sent nimmt überhaupt dreierlei verschiedene Verbreitungsarten der Ausschwizzung an: 1) dieselbe erscheint zuerst im Pharynx und sodann mehr oder weniger schnell in den Luftwegen, 2) sie tritt gleichzeitig im Pharynx und im Kehlkopf auf, 3) sie zeigt sich zuerst in der Luftröhre, steigt aufwärts und verbreitet sich so auch über den Pharynx. Die erste dieser Verbreitungsarten ist die gewöhnlichste, und sie zeigte sich auch Anfangs bei der von Maerker beschriebenen Epidemie, nachher aber zeigten sich entweder nur Affection des Pharynx ohne Theilnahme des Kehlkopfs oder umgekehrt nur Affectionen der Luftröhrenschleimhaut ohne Mitleiden des Pharynx ($ 132).

Wie wenig die Affection der Respirationsschleimhaut gerade in einem Weiterkriechen der Ausschwitzung nach Art der Pilzverbreitung besteht, sieht man daraus dass nach Constant sich bei dem einfachen Rachencroup eine ähnliche Affection zuweilen mit Uebergehung des Kehlkopfs und der Luströbre in den feinern Bronchialästen vorfindet.

Der einfache Rachencroup ist im Durchschnitt nicht gefährlich. Ergreift die Krankheit aber Individuen welche durch jene Lebensverhältnisse, die zum Status putridus geneigt machen, zerrüttet sind, so kann im Gefolge der Exsudation allerdings ein Verschwärungsprocess entstehen,


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$ 139. Eine den vorigen Krankheiten, namentlich den Aphthen und dem Soor sehr verwandte Krankheit ist die Mundfäule (Stomacace) die unter zwei verschiedenen Formen auftritt.

Die erste davon ist die einfache Mundfäule (Stomatitis s. Stomacace simplex), welche meist epidemisch erscheint und nur eine bedeutendere Form der schon beschriebenen, vorzüglich bei Kindern vorkommenden epidemischen Aphthen darstellt. Die Kranken verlieren die Esslust, sind bleich, träge, schlafen unruhig, klagen über Steifigkeit und Ziehen in den Halsmuskeln und einen metallischen Geschmack im Munde. Nun schwellen die Parotiden - und namentlich die Kieferdrüsen mehr oder weniger an, die Schleimhaut des Mundes und des Gaumens wird roth, schwillt an, brennt und ist sehr empfindlich. Es entsteht ein starker Speichelfluss, von eigenthümlichem üblem Geruche aus dem Munde begleitet (oft ganz wie beim Mercurialspeichelfluss), und es schiessen zumal an der innern Fläche der Backen, an den Lippen, dem Zahnfleisch und der Zunge, doch auch am Gaumen und an der Uvula Bläschen auf von der Grösse einer Linse bis zum Durchmesser von 74—1/2 Zoll. Diese Bläschen brechen in einzelnen Schüben meist Nachts über aus, platzen bald und verwandeln sich in oberflächliche, bei der Berührung sehr schmerzhafte Geschwüre, die einen speckigen, unreinen Grund und ungleiche, rothe, entzündete Ränder zeigen. Dabei werden die Zähne selbst schmerzhaft, mit einem weinsteinartigen Schmutz überzogen, das Zahnfleisch schwillt stark an, blutet öfters und der Mundgeruch wird fast unerträglich aashaft.

Hiermit ist mehr oder weniger Fieber verbunden welches viel Aehnlichkeit mit dem Rothlauffieber (I. S. 452) hat und gewöhnlich mit der Mundaffection gleichen Schritt hält, nur in leichtern Fällen früher als diese verschwindet. Die Abendexacerbationen sind zuweilen sehr stark und selbst von Delirien begleitet. Der Leib ist meist verstopft.

So leiden die Kranken bis endlich um den 7, 14, 21 Tag zuweilen selbst erst um den 28sten die Fiebercrisen als Schweisse, Urin mit Bodensatz und besonders als Durchfall sich zeigen. Dann hört das Fieber sehr rasch auf, alle Localzufälle mässigen sich und die Geschwüre verheilen.

Die Verwandtschaft dieser einfachen Stomacace mit den Aphthen ist auf den ersten Blick ersichtlich. Auch mit dem Rachencroup ist sie verwandt, in einzelnen Fällen sogar mit demselben verbunden. Sie erscheint meist epidemisch, wenn Catarrhe und Rheumatismen herrschen, bei wechselnder nasskalter Witterung und in den Wintermonaten. So herrschte sie epidemisch im Winter 1808/9 und wurde von Michaelis in


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Harburg (Hufel. Journ. 1809. St. 1), von Mende in Greifswalde (ibid. 1809. Oct.), von Neuhof (ib. 1810. Nov.) in Annaberg, von Olberg in Dessau und von Henning in Zerbst (ib. 1816. Aug.) gleichzeitig beobachtet. Alle diese Beobachter kannten dieselbe aber schon früher und sahen sie sporadisch auftreten. Auch wir haben sie sowohl an der Seeküste als auch mitten im Lande häufig genug gesehen, und können daher nicht zugeben dass die Krankheit Seeküstenlander vorzüglich liebe. Eine ganz identische Krankheit ist die gulartige Maulseuche des Rindviehes. Auch diese herrscht mitten im Lande und kommt gleichzeitig mit unserer Krankheit epidemisirend vor, wie Mende und wir selbst gesehen haben. In einer Epidemie wurden fast ausschliesslich Kinder befallen, in einer andern Kinder und Erwachsene, Arme und Reiche ohne Unterschied. Excitirende Ursachen sind gewöhnlich nicht zu ermitteln, wie bei allen epidemisch herrschenden Krankheiten.

Die zweite Form ist die Stomatitis pseudomembranacea Guers. (Fegar, Fegarite) der Spanier, eigentliche Mundfäule (Stomacace gangraenosa). Sie verbält sich zur ersten, wie der Soor zu den Aphthen, und kommt nicht sowohl als Witterungsepidemie vor, sondern entwickelt sich vorzüglich bei der unter Schmutz, Feuchtigkeit, Kälte, schlechter insipider Nahrung zusammenlebenden Volksmasse, und auch hier bei Kindern häufiger. Daher zeigt sich der Fegar in Waisenhäusern, Kinderspitälern, in Casernen, Gefängnissen etc. und herrscht hier von Zeit zu Zeit als Epidemie. Es wird die Mundschleimhaut heiss, roth, empfindlich, die Submaxillardrüsen schwellen an und es zeigen sich vorzüglich am Zahnfleisch, an den Mundwinkeln, an der Ionenfläche der Wangen und Lippen und an der Zungenspitze weisse pseudomembranöse Flecke (keine Bläschen) die sich bald ausdehnen, graulich, schwärzlich oder livid werden und wegen des rothen geschwollnen Umkreises vertieft erscheinen. Oft ist die Affection nur auf einer Seite des Mundes vorhandan. Die Zunge ist geschwollen und durch den Druck an den Rändern buchtig, es stellt sich Speichelfluss ein, die Lippen und das aufgelockerte Zahnfleisch bluten bei der leichtesten Berührung, die Zähne werden locker, der Athem riecht böchst widerlich, auch das Gesicht schwillt an und es stellen sich Fieberbewegungen ein. Nach 1-2-3 Wochen indess bessert sich der Zustand allmälig, es entstehen keine neuen Flecke mehr, sondern die vorhandenen verlieren sich allmälig, die Geschwulst vermindert sich und es erfolgt Heilung. Zuweilen jedoch bleiben langwierige Verschwärungen zurück, und in schlimmen Fällen entsteht ein gangränöser, oft grosse Zerstörungen machenden Zersetzungsprocess. Sehr oft geht die Krankheit von dem Zahnfleische aus, so dass an diesem zuerst ein weisslicher längs dem Zahnrande verlaufender und an den Backenzähnen aufhörender Streif erscheint. Gewöhnlich sind die Kranken schon vor dem Erscheinen der Mundaffection krank, es sind meist bleiche, schlecht genährte Individuen, sie sind matt, träge, verdriesslich, leiden an gastrischen Störungen, an Durchfällen etc.


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1. Wenn das Lungenparenchym, welches die Wände des Bronchus unmittelbar umgiebt, krankhaft rerdichtet ist. Es darf dieses Parenchym daher nicht mehr ein lockeres, lusthaltiges Gewebe darstellen, sondern es muss luftleer, gleichartig und dicht sein. Unter diesen Verhältnissen wird der Antheil, welchen das Geringer- und Sparsamerwerden der Knorpel an der Schwächung des Tons nimmt ($ 144) für den betreffenden Bronchialast compensirt, und wir können daber den Ton da hören, wo er sonst nicht wahrnehmbar sein würde, oder derselbe ist wenigstens verstärkt hörbar. Natürlich aber muss jenes den Bronchialzweig umbüllende Gewebe. eine zusammenhängende feste Masse bilden, weil sonst die Vibrationen sich in derselben dennoch zerstreuen und gegenseitig aufheben (interferiren) würden. Eingestreuete Puncte von abnorm grösserer Dichtigkeit werden folglich nichts in der Hörbarkeit des Tons abändern.

Die Verdichtung des betreffenden Gewebes kann auf zweierlei Arten zu Stande kommen: a) durch Infiltration desselben mit Tuberkelstoff, gerinnender Lymphe, Blut etc. oder b) durch Compression des Gewebes von aussen her. Es kann dasselbe comprimirt werden dureh Flüssigkeiten oder festes Exsudat, durch Gas in der Pleurahöhle, durch Geschwülste in der Brusthöble, durch Missbildungen der Knochen etc., aber erfahrungsmässig erreicht nur in höchst seltnen Fällen eine andere Art von Compression als die durch Luft oder angesammelte Flüssigkeiten den Grad, dass das Gewebe wirklich lustleer wird. Bronchophonie in Folge von Compression deutet daher beinabe immer nur auf Ansammlung von Luft oder von Flüssigkeiten in der Brusthöhle.

Diese Bronchophonie erscheint aber nur dann, wenn der solid gewordene Lungentheil wenigstens einen der grössern Bronchialzweige enthält, welcher überdies Luft enthalten (nicht selbst platt gedrückt sein darf) und mit dem Larynx in Communication stehen muss, damit die Vibrationen welche daselbst in der Luft entstehen, sich bis in die Luft, die in dem bezüglichen Bronchialzweige befindlich ist, verbreiten können.

Hieraus ist nun wieder ersichtlich warum:

a) bei Ergiessungen die Bronchophonie zuweilen wieder verschwindet. Wenn wir annehmen dass sich Serum allmälig in den Pleurahölen ansammelt, so wird erst dann die Bronchophonie sich zeigen, wenn das Gewebe luftdicht geworden ist; häuft sich aber immer mehr Serum an, so können die Bronchialwände dem zunehmenden Drucke endlich nicht mehr widerstehen, die Bronchialzweige werden daher platt gedrückt und ihr Lumen obliterirt. In dem Maasse als dieses geschieht wird die Stimme immer schwächer gehört werden, und der Raum innerhalb welchem man die Bronchophonie wahrnimmt zieht sich immer mehr um die Wurzel der Lunge herum zusammen, weil die hier befindlichen starken Bronchialzweige länger dem Drucke des Wassers Widerstand leisten als die schwächern, durch fernere Theilung entstandenen.


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methode beim Unterrichte im Lesenlernen). Wählt man nun einen dieser Consonanten und sucht, während man dessen Laut (aber nur im Munde, nicht im Kehlkopfe) hervorbringt, ihn mit einem der Vocale zu verbinden, so kann man die verschiedenen Differenzen dieser Geräusche in Bezug auf ihre Höhe darstellen. Die grösste Schallhöhe wird durch I, die geringste durch U dargestellt.

Auf diese Art ahmt man das respiratorische Geräusch, welches die Luft im Larynx, der Trachea und den grossen Bronchien hervorbringt durch den Laut Ch (oder vielmehr einem zwischen C und H fallenden) nach. Auch erscheint uns dieses Geräusch wie das beim Keuchen.

Das respiratorische Geräusch, welches die Luft bei der Inspiration in den feinen Bronchien und den Luftzellen verursacht, ahmt man dadurch nach dass man die Luft bei verengerter Mundöffnung schlürft, wobei mehr oder weniger die Consonanten W oder B gebildet werden.

Nur am Larynx, der Trachea und öfters auch an der Wurzel der Lunge und in dem Winkel, welchen die Claricula mit dem Sternum macht, also nur in den grossen Respirationsröhren hört man Inspirations- und Exspirationsgeräusch gleich lang und gleichartig. Das Geräusch während der Exspiration in den kleinern Bronchien und den Lungenzellen ist entweder gar nicht, oder nur als ein leichtes Hauchen (zwischen F und H fallend) wahrnehmbar, auch ist es viel kürzer als das Inspirationsgeräusch.

Man nennt das Respirationsgeräusch in dem Larynx, der Trachea etc. Bronchialgeräusch (Bronchialrespiration und dieses hat nur dann den oben angegebenen Character des Consonanten Ch, wenn man es unmittelbar wie am Larynx und der Trachea durch das Stethoscop auffängt. Hört man dieses Bronchialgeräusch (wie es bei den Bronchien, welche innerhalb des Lungengewebes verlaufen, der Fall ist) nur durch ein Medium hindurch, also aus der Ferne herkommend, so erscheint es tiefer und lässt sich nur dadurch mit dem Munde (obwohl unvollkommen) nachahmen, wenn man während des Exspirirens den Laut F zu bilden sucht.

Auch das Vesiculärgeräusch (Respirationsgeräusch im engern Sinne), das Geräusch, welches bei dem Einströmen der Luft in die Lungenbläschen und kleinen Bronchialzweige sich zeigt, hört sich aus der Ferne anders an als in der Nähe, es gleicht dann auch nicht mehr dem Schlürfen, sondern steht zwischen Hauchen und Blasen, und kann dargestellt werden wenn man während des Exspirirens den Consonanten F bildet.

$ 150. Setzt man nun das Stethoscop auf irgend eine Stelle des Thorax auf, so hört man nicht nur allein das Athmungsgeräusch in der unmittelbar anliegenden Lungenparthie, sondern man kann auch die entfernten Athmungsgeräusche unter Umständen vernehmen. Aber auch das Vesiculärgeräusch in dem unmittelbar anliegenden Theile zeigt eine sehr verschiedene Intensität, je nach den Verhältnissen. So ist es stark und laut an den Stellen wo die Thoraxwandungen weniger dick sind (unter der Achsel, unter dem Schlüsselbein), ferner da wo eine grössere Menge von Lungenzellen sich bei der Inspiration entfaltet (s. g. in der Mitte der Brust); schwächer ist es unter entgegengesetzten Umständen, daher z. B. am Rücken wegen der dickern Bedeckungen und über der Leber und dem Herzen, weil da nur die Ränder der Lungen nahe der Brustwandung liegen. Durch schnelles, tiefes, kurzes Einathmen wird das Geräusch verstärkt, eben so ist es nach Aufnahme von Speise und nach einer mässigen Bewegung stärker; schwächer im Schlafe und bei bedeutender Ermüdung. Bei Kindern ist es vorzüglich deutlich und stark, daher man dasselbe (respiration puerile) zur Vergleichung benutzt, um krankhafte Zustände zu bezeichnen. Uebrigens bietet das Vesiculärgeräusch die mannigfaltigsten Verschiedenheiten auch im gesunden Zustande und ist hier zuweilen entweder gar nicht zu hören oder von einer besondern Beschaffenheit, wie entferntes Trachealgeräusch klingend, ohne dass man sich Rechenschaft von der Ursache dieser Abweichungen geben könnte.


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Bis auf Piorry klopfte man mit der Spitze der conisch zusammengelegten Finger an die Theile unmittelbar an (unmittelbare Percussion), nach dem Vorgange dieses Beobachters dagegen klopft man gegen eine Unterlage (mittelbare Percussion). Diese Unterlage soll theils das Anschlagen für den Kranken weniger empfindlich machen, theils dient sie dazu, der weichen, schlaffen Bedeckung mehr Festigkeit und Spannung zu verleihen, so dass der Anschlag in die Tiefe wirken kann, was ohne diese Vermittelung an solchen Stellen nicht möglich ist. Als Unterlage kann man nun bequem den Zeigefinger der nicht percutirenden Hand benutzen oder dafür, wie Piorry, eine elfenbeinerne Scheibe wählen, die man mehr oder weniger stark gegen den zu untersuchenden Theil andrückt.

$ 159. 1) Feste Theile (Knochen und Knorpel) geben beim unmittelbaren Anschlagen einen eigenthümlichen Schall, den man kennen lernt wenn man mit dem Finger gegen den Schädel oder (bei magern Subjecten) gegen das Brustbein und die Rippen klopft. Eine Zwischenlage von Weichtheilen zwischen den Knochen und den äussern Bedeckungen schwächt den Schall der letztern sehr, und macht ihn bei einiger Dicke der Zwischenlage ganz unvernehmlich. Percutirt man den Schenkel bei nicht ganz magern Personen, so wird der Knochenschall gar nicht weiter vernommen.

2) Diesen dumpfen Ton (den Schenkelschall) geben alle fleischigen, nicht lufthaltigen organischen Theile (mit Ausnahme gespannter Membranen und Fäden), so wie Flüssigkeiten.

3) Es lassen sich daher die fleischigen nicht lufthaltigen Organe und Flüssigkeiten nicht durch den Schall, welchen sie bei der Percussion geben, unterscheiden.

4) Jeder Schall, den man durch Percutiren des Thorax oder des Bauches erhält, und der vom Schenkelton oder vom Knochenton abweicht, rührt von Luft oder Gas in der Brust- oder Bauchhöhle her.

$ 160. Bei Beurtheilung des Percussionsschalles hat man nach Skoda dessen Völle, Helligkeit und Höhe abzuschätzen, so wie darauf zu achten ob er tympanitisch klingt oder nicht.

1) Schlägt man an den Schenkel an, so ist der Schall ganz dumpf und kurz abgebrochen, er dauert nicht länger als der Anschlag, klingt nicht nach, kurz der Schall ist dumpf und leer." Je länger nun in Vergleich mit diesem ein Schall anhält oder nachklingt, desto voller ist er, und dieses Nachklingen ist abhängig von der Grösse des Luftraums welcher bei der Percussion erschüttert wird. Ganz leer ist der Percussionsschall an einer Stelle der Brust oder des Unterleibes die gar keine Luft enthält, „leerer” wird der volle Schall wenn sich die Luftquantität an der percutirten Stelle vermindert.


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Laennec, de l'auscultation mediate. 4me édit. Par. 1837. 3 Vol. in 8.

Skoda, Abhandlung über Percussion und Auscultation. 3. Auflag. Wien 1844. -- Zchetmayer, Grundzüge d. Percussion u. Auscultation. Wien 1843. — Kürschner, in Schmidt's Encyclopädie. — Piorry, de la percussion mediate. Par. 1828. – Piorry, du procédé opératoire dans l'explorat. des organ. par la percussion mediate. Par. 1831. - Raciborsky, Handbuch der Ausc. u. Percuss. a. d. Fr. von Hacker. Lpz. 1836. Philipp, d. Lehre v. d. Erkenntn.

u. Behandlg. d. Lung. u. Herzkrankht. 2. Aufl. Berlin 1838. $ 163. Entzündungen der Schleimhaut der Lustwege, sind je nachdem man den Begriff der Entzündung weiter oder enger auffasst, sehr häufige oder relativ seltne Krankheiten. In der neuern Zeit, wo der Begriff von Entzündung häufig ganz unbestimmt ist, rechnet man alle catarrhalischen, exanthematischen und typhösen Processe auf der Schleimhaut der Luftwege zu den Entzündungen derselben. Wir aber beschränken uns hier allein auf die wahre (arterielle, croupöse) Entzündung ($ 48), die andern Formen dahin verweisend, wo sie der Grundkrankheit nach hingehören, wie wir denn schon die exanthematischen und die typhösen Processe auf dieser Schleimhaut abgehandelt haben, und von den catarrhalischen etc. später sprechen werden. So sind denn für uns und wohl für jeden erfahrnen unbefangenen Arzt - diese Entzündungen relativ seltne Erscheinungen.

$ 164. Anschwellung der Schleimhaut der Luftwege an den betreffenden Stellen ist bei der Entzündung und den ihr ähnlichen Processen eine nothwendige Erscheinung. Die mechanische Wirkung dieser Anschwellung besteht natürlich in Verengerung des luftführenden Canals an der betreffenden Stelle. Ist diese innerhalb der Bronchien, so entsteht dadurch das pfeifende Athmen in allen seinen Modificationen. Weniger tritt die Anschwellung in der Trachea hervor, weil hier die Schleimhaut viel fester aufliegt und eine mehr fibröse Structur hat. Ist dagegen die Schleimhaut des Kehlkopfs ergriffen, so treten die Folgen eines beschränkten Luftdurchganges so sehr in den Vordergrund, dass man in der neuern Zeit ein Symptom zu einer eignen Krankheit erhoben hat, freilich im bittersten Wiederspruche mit den „natürlichen Systemen der Krankheiten.”

Die Schleimhaut liegt auf dem untern Theil des Kehldeckels, auf den Lig. thyreo - arytaenoid. und dem crico - thyreoid. med., so wie auf den Schild-, Ring- und Giesskannenknorpeln fest auf und ist von viel derberer Textur, als da wo sie einen Theil der Musc. thyreo-arytaenoid. die innere Fläche des Musc. crico-thyreoid. bedeckt, und vorzüglich in der Gegend der Lig. ary-epiglottica. Hier liegt auch überall ein lockeres Gewebe unter der Schleimhaut, und alle durch irgend eine Art von Infiltration veranlassten Anschwellungen der Schleimhaut und des submucösen Gewebes zeigen sich an diesen Puncten vorzüglich bedeutend. Die Ursachen dieser Anschwellungen sind sehr verschieden: Entzündung und Anfüllung mit plastischem Exsudat und Eiter, Infiltration mit Tuberkelstoff, mit den Stoffen die bei Typhus, bei Exanthemen etc. sich ausscheiden; wahres Oedem (auch in Folge des Scharlachs), acuter und chronischer Catarrh, Hypertrophie der Schleimhaut, Entartungen der Schleimhaut in Folge von Verschwärungen aller Art etc. Ueberall wird hier durch die Anschwellung der Durchgang der Luft beschränkt, was auch ohne weitere Krankheit der betreffenden Theile, selbst durch den Druck benachbarter Geschwülste (z. B. der vergrösserten Schilddrüse) bewirkt werden kann (Oppolzer, Prag. Vierteljahrschr. I. 1). Man sieht dass also der Name „Laryngostenosis" jedenfalls der beste für dieses Symptom ist, da er nur die Sache, die Verengerung des Luftweges allein bezeichnet, während die andern Benennungen (Angina laryngea oedematosa, Oedema glottidis, Laryngitis submucosa etc.) die Aetiologie des Uebels viel zu einseitig auffassen.


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Alle diese s. g. „physicalischen Zeichen” deuten nun überhaupt auf Anschwellung der Schleimhaut der Luftwege und vermehrte Secretion, nicht aber auf Entzündung insbesondere. Der Krankheitsprocess, welcher die Anschwellung und die vermehrte Secretion bedingt, mag sein welcher er wolle, immer sind die physicalischen Zeichen dieselben. Entzündung, Catarrh, exanthematischer, typhöser, biliöser Process, Keuchhusten, Bronchialblutung und Blutung aus den Luftzellen, alle bieten in Beziehung auf Auscultation und Percussion dieselben Erscheinungen dar. Leider hat man dieses Sachverhältniss vielfach übersehen und so die Auscultation zur Quelle unzähliger practischer Irrthümer gemacht, so dass man wohl sagen kann sie habe im Ganzen eben so viel Schaden als Nutzen am Krankenbette gestiftet. Hieraus ist auch die neue Lehre entstanden dass Bronchialcatarrh und Bronchitis nur dem Grade nach verschiedne Affectionen seien, eine Lehre welche gerechte Zweifel über die Befähigung Derer die sie verkünden zu Aerzten, ja überhaupt zu Beobachtern entstehen lässt. Wer einmal Bronchialcatarrh und Bronchitis genau am lebenden Menschen beobachtet hat, dem müssen diese beiden Krankheitsformen als völlig differente erscheinen.

In Bezug auf die wahre Bronchitis ist ein Umstand sehr zu beachten, auf welchen W. Sachs aufmerksam macht, und der für alle Varietäten der Entzündungen der Luftwege zu gelten scheint. Es lässt nämlich die Störung des kleinen Kreislaufes, die unvollkommen geschehende Oxydation des Blutes das Fieber oder vielmehr die Fieberbewegungen nicht recht aufkommen und zugleich entstehen wohl in Folge derselben Ursach grosse, stürmische Aufregungen der Nerventhätigkeit. Daher correspondiren bei Laryngitis, Tracheitis, Bronchitis, bei Carditis und selbst bei intensiv und extensiv bedeutender Pneumonie die fieberhaften Erscheinungen nicht immer der Höhe des Localleidens, daher zeigen sich hier jene Erscheinungen eines plötzlich sich einstellenden Collapsus und der kleine, leere, schwankende, aussetzende Puls, welche beide Momente sich nach entsprechenden Blutentziehungen oft heben. Die Beobachtung zeigt auch in dieser Hinsicht den grossen Unterschied zwischen Bronchialcatarrh und Bronchitis. Bei dem ersten sind die Fiebererscheinungen meist viel entwickelter als bei der letztern, ja bei dieser treten sie ost klarer hervor wenn das Localübel sich zu zertheilen anfängt.

Man behauptet die Bronchitis bilde sich oft aus dem Catarrh heraus, und beruft sich dafür auf die Erfahrung dass die Zufälle desselben: abwechselnde Hitze und Frost, Mattigkeit, Stirnkopfschmerz etc. vorausgehen, wo der Eintritt nicht ganz plötzlich ist. Es sind dieses nun allerdings Symptome einer Störung im Organismus überhaupt und einer Hyperämie der Schleimhaut, aber nicht eines Catarrhs. Wäre Bronchitis nun der höhere Grad des Bronchialcatarrhs, so müsste man dieselbe während weit verbreiteter Influenzepidemieen oft beobachten, was durchaus nicht der Fall ist, obgleich man dann den Bronchialcatarrh in allen Graden überreichlich oft sieht. Tritt die Bronchitis wirklich ein, so klagt der Kranke über ein sehr lästiges, spannendes, zusammenschnürendes Gefühl in der Brust welches sich selbst nach den Schultern hin erstreckt, das Athmen ist beschwert und ängstlich, beschleunigt, aber tiefere Inspirationen sind möglich, der Kranke seufzt oft von selbst tief auf, und erregen weder Schmerz noch Husten. Doch stellt sich der letztere bald von selbst ein, er ist heftig, sonor, schrillend besonders im Anfange des Hustenanfalls, anfangs trocken, hernach kommt durch ihn ein sparsamer, weisslicher, oft mit Blutstreifen versehener Auswurf herauf. In einem ausgezeichneten Falle, welchen wir so eben behandelt haben, war der Auswurf auf der Höhe der Krankheit offenbar aus plastischer Lymphe bestehend. Bessert sich das Uebel, so wird der Auswurf gelb, kugelig (Sputa cocta), Eiterkörperchen enthaltend.


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$ 173. Ueber die Aetiologie der wahren Entzündungen der Luftwege lässt sich nicht viel besonderes sagen. Die Laryngitis (und Tracheitis) entsteht am häufigsten durch Erkältung, durch raschen Temperaturwechsel, Einwirkung der Kälte auf den entblössten Hals bei schwitzendem Körper etc. Daher ist sie auch auf Hochebenen häufiger als in tief gelegnenen sumpfigen Ebenen (Schönlein), weil dort alle Erkältungskrankheiten wegen der häufigern Zugwinde öfter vorkommen. Verletzungen und Einathmen von scharfen Dämpfen, Staub etc., fremde Körper im Kehlkopf erzeugen auch Laryngitis, wenn man aber Anstrengungen des Kehlkopfs durch Sprechen, Singen etc. als Ursachen der Laryngitis anschuldigt, so möchte dieses wenigstens für die acute Form wohl nur mehr Voraussetzung als wirklich Thatsache sein, dazu sind der Menschen zu viele welche den Kehlkopf auf jene Art anstrengen und die Fälle acuter Laryngitis zu selten. Hyperämische, bald vorübergehende Zustände werden wohl dadurch erzeugt (S 166).

Aehnliche ätiologische Verhältnisse gelten auch für die Bronchitis.

Alle Formen nun kommen auch oft als s. g. secundäre Luströhrenentzündungen vor, namentlich bei exanthematischen und typhösen Processen; dass aber diese Zustände gewöhnlich mit Unrecht „Entzündungen" genannt werden, haben wir schon oft besprochen.

$ 174. Alle Formen der Entzündungen der Luftwege sind sehr bedeutende, oft mit Tod endigende Uebel. Tracheïtis und Bronchitis sind c. p. weniger gefährlich als Laryngitis, aus dem Grunde weil die Anschwellung und somit die Verengerung des Lustcanals bei Tracheitis nicht bedeutend ist, bei Bronchitis aber nur ein Nebenstamm afficirt wird. Bei Laryngitis aber wird der Lustcanal an seiner Mündung betheiligt. Je mehr die Zeichen der mangelnden Decarbonisation des Blutes (also namentlich bläuliche Röthe des Gesichts, blaue Lippen, grosse Athemnoth etc.) hervortreten desto gefährlicher ist der Zustand. Je mehr der Puls zu seiner rhythmischen Ordnung zurückkehrt desto besser ist es. Die s. g. secundären Luströhrenentzündungen sind gefahrvoller als die primären, wohl vorzüglich aus dem Grunde weil sich hier der Krankheitsprocess, eben weil er keine Entzündung ist, durchaus nicht in seinem Verlause aufhalten lässt.

$ 175. In Bezug auf die Behandlung wollen wir zuvörderst einige Worte über ein Symptom, über die Laryngostenose ($ 165) sagen. Dieses Symptom ist so dringend dass man nicht selten gezwungen ist, gegen dasselbe etwas vorläufig zu thun, um nur Frist zur Bekämpfung der Grundkrankheit zu gewinnen. Die nächst liegende Idee ist wohl die, die Tracheotomie zu verrichten, und wirklich haben die französischen Aerzte (Amussat, Blandin, Becquerel, besonders aber Trousseau) dieselbe sehr oft gemacht. Indess ist der Erfolg doch im Ganzen wenig günstig gewesen. Trousseau, der grösste Lobredner der Operation, will etwa / der Kranken gerettet haben. Er legte nicht bloss eine weite Canüle zur Unterhaltung der Respiration ein, sondern er tröpfelte auch von Zeit zu Zeit etwas Wasser und selbst einige Tropfen einer Auflösung von 4 Gran Argent. nitric. in 3j Wasser in die Trachea ein, suchte sogar durch einen an einer Fischbeinsonde befestigten und in diese Flüssigkeit getränkten Schwamm die Luftröhre und den Kehlkopf von den Pseudomembranen zu reinigen. Allein wir müssen bekennen dass wir den Erzählungen seiner auf die Art behandelten Fälle nicht viel Glauben schenken möchten. Becquerel, welcher die Operation nach Trousseau's Art unternahm, rettete unter neun Kindern nicht eins. Die Operation hatte immer heftiges Fieber und wie es scheint meist auch Pneumonie zur Folge. So sind die Fälle welche andere Beobachter sahen auch wenig ermuthigend, wenigstens möchte die Operation nie anders anzuwenden sein, als wenn die höchste Gefahr der Erstickung droht.


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3. Ausser den pfeifenden Inspirationen während und gleich nach jedem Hustenanfalle hört man bei genauer Beobachtung auch in den hustenfreien Zwischenzeiten ein fortwährendes Rauschen, Zischen, Pfeifen, welches namentlich die Inspirationen begleitet, und sich so anhört als wenn die Luft durch eine enge, metallne Röhre ginge (Guersent), kurz, das Athmen ist von Ronchus sonorus oder Sibilus begleitet, was man durch das Stethoscop noch besser wahrnimmt. (Des geringen Raums halber welchen das Stethoscop hier einnehmen darf, liess Heidenreich dasselbe zum Behufe dieser Untersuchung nach kleinern Dimensionen anfertigen, Piorry kehrt dagegen einfach sein Stethoscop um, indem er dessen trichterförmige Mündung an sein Ohr bringt.)

4. Die Stimme ist heiser, schwach und tief, auch in den Zwischenzeiten zwischen den Hustenanfällen. In den spätern Perioden der Krankheit verfällt sie immer mehr und mehr, zuletzt wird oft wahre Stimmlosigkeit daraus, das Kind will weinen, sprechen, bringt aber keinen Ton heraus.

Bei den Paroxysmen sind die tiefen, angestrengten Inspirationen, nicht der Husten das Wesentliche, sie sind ein Naturbestreben den Mangel an Sauerstoff der im Organismus entsteht auszugleichen (S 164) und kommen zu Stande wenn dieser Mangel fühlbar wird. Daher werden wir das Dasein des Croup meist erst dann gewahr, wenn ein solcher Hustenparoxysmus eintritt, daher findet sich auch hernach ein ruhigerer Zustand ein, weil dem Sauerstoffmangel durch tiefe, gewaltsame Inspirationen vorläufig etwas abgeholfen ist. Es ist daher völlig irrthümlich wenn man, wie überall fast, sagt: der Eintritt des Croups, die Verwandelung des Catarrhs in derselben beginne mit einem Hustenparoxysmus. Je mehr die Krankheit zunimmt, desto weniger Luft gelangt mit jeder Inspiration in die Lunge und in desto kürzern Zwischenräumen erfolgt daher ein neuer Paroxysmus. Der erste kommt häufig des Nachts, den Kranken, welcher den Tag vorher nur geringere Beschwerden hatte, aus dem Schlafe erweckend. Nach überstandenem Anfalle schläft der Kranke öfters wieder ein und oft erst nach 12 — 24 Stunden findet sich ein neuer Anfall, dann aber immer rascher wiederkehrend.

Nach dem ersten Anfalle bleibt aber immer ein mehr oder weniger fieberhafter Zustand zurück, Puls und Respiration sind frequent, es ist Hitze vorhanden, das Kind schläfrig, unlustig, traurig, die Lippen mehr oder weniger ins bläuliche spielend, das Gesicht meist etwas gedunsen, bleich. Delirium bemerkt man nie, und nur selten leichte Krampfanfälle. Nach den Hustenanfällen, und besonders wenn dabei schleimige, membranöse Stoffe ausgewürgt wurden, ist das Kind etwas munterer und freier, doch nur für kurze Zeit,


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echtem und unechtem Croup bemüht gewesen, und können uns von dem Vorwurfe gewiss frei sprechen dass wir überall Croup sahen, und doch haben wir beinahe nur Ausnahmsweise jene Membranenbildung bemerkt, namentlich in den glücklich endenden Fällen.

Viele sehen so einseitig nur auf die Membranen hin, dass sie glauben beim Croup komme es, um die Gefahr zu entfernen, nur darauf an diese Membran fortzuschaffen, dann sei Alles gethan, und dieser Irrthum hat zu dem seltsamsten Thun schon oft geführt. Um sich hier zu orientiren muss man die Function und die Structur der Respirationsschleimhaut erwägen. Dieselbe besteht wesentlich aus eingestreueten Schleimfollikeln, einem intermediären Capillargefässsystem und dem dieses Gefässnetz zu einer Membran zusammenhaltenden Zellgewebe. Ueberblickt man den Bau der Respirationsorgane in der Thierreihe, so muss es wohl wabrscheinlich werden dass zwar hauptsächlich die Athmungsfunction in den Lungenbläschen vollzogen wird, aber nicht ausschliesslich, sondern dass die gesammte Schleimhaut der Luftwege vom Kehlkopf bis zu den Lungenbläschen dieser Function dient. Ja, sicher sind auch die Schleimfollikel insofern Respirationsorgane, als durch sie ein Antheil der auszuscheidenden Stoffe, in Gestalt von Schleim ausgeschieden wird. Entsteht nun in dem Capillarnetze dieser Schleimhaut ein entzündlicher Process, so treten Stoffe in das Zellgewebe aus, dadurch wird die betreffende Parthie der Schleimhaut impermeabel, der Sauerstoff aus der eingeathmeten Lust vermag nicht zu dem Blute, welches beathmet werden soll, zu gelangen, und die aus diesem Blute sich entbindende Kohlensäure wird in demselben zurückgehalten, kann nicht durch die Schleimmembran entweichen. Kommt nun noch der Umstand hinzu dass die Anschwellung der Schleimhäute den Zutritt der äussern Luft mehr oder weniger absperrt, so müssen sich die Folgen der mangelnden Decarbonisation um so reissender entwickeln. In Bezug auf die Tödlichkeit des Croups kommt es daher gar nicht auf das Stadium des entzündlichen Processes, sondern einzig und allein auf die Beeinträchtigung der Decarbonisation des Blutes an.

Es darf uns daher nicht überraschen, wenn wir in Croupleichen östers nichts weiter finden als eine seröse Anschwellung des Gewebes. In andern Fällen findet man die Schleimhaut mit Lymphexsudat getränkt, und dieses in allen Formen von der Consistenz des flüssigen Eiweisses an bis zu der einen festen selbst lederartigen Membran, welche die freie Schleimhautfläche bedeckt. Wo die Krankheit sehr schnell verlief, und der Tod schon nach 24-48 Stunden erfolgte, ist die membranöse Ausschwitzung oft nur so dünn wie ein Eihäutchen, ein wahrer Anflug, in andern Fällen fand man sie von der Dicke einer Linie. Man findet dass das Exsudat in Plättchen oder in mehr zusammenhängenden Massen bis zur vollständigen Röhrenbildung sich zeigt. Neben dem geronnenen Exsudate sind nun noch die Luftröhre und ihre Aeste mit einem weissgrünlichen, eiterartigen Schleim mehr oder weniger angefüllt, so dass die Membranen in diesem zuweilen flottiren. Die Schleimhaut selbst ist mehr oder weniger geröthet, doch bei sehr jungen Kindern oder sehr geschwächten ist oft kaum eine Röthung zu bemerken. Ausserdem findet man Röthe und Anschwellung der Schleimbälge, der Zungenwurzel und des Schlundes, Anschoppung von Blut im hintern Theile der Lungen, Erweiterung der rechten Herzhöhlen und der obern Hohlvene bis zum Gehirn hin (Guersent).


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Wie alle Entzündungen erscheint auch der Croup nicht leicht in einer ausgebreiteten Epidemie, Guersent behauptet er komme nur sporadisch vor, alle s. g. Croupepidemieen gehörten der Diphtheritis an. Wir wagen hier keine Entscheidung, bekennen indess dass wir diese Ansicht für wahrscheinlich halten, namentlich deswegen weil den meisten jener Epidemieen anderweitige s. g. catarrhalische und erysipelatöse Formen parallel gingen. Wir haben den ächten Croup oft genug, aber in einer Praxis von mehr als 20 Jahren nur sporadisch gesehen, dann aber besonders bei strenger Kälte, herrschenden Ostwinden und mit gleichzeitigem Vorkommen von Pleuritis und Pneumonie.

Der Croup befällt besonders Kinder zwischen dem 2–7 Jahr, jenseits des 12ten ist er schon so selten wie überhaupt die Laryngitis. Nach den üblichen Angaben ist er in südlichen Ländern viel seltner als in nordlichen, und vorzüglich häufig in feuchten, sumpfigen Gegenden, an den Ufern von Flüssen, Seen, in den Küstenländern, in tiefen Thalschluchten, namentlich am Fusse steiler Gebirge etc. Es soll eine erbliche Anlage zum Croup vorhanden sein können. Als die häufigste Gelegenheitsursache wird Erkältung angeschuldigt. Hin und her spricht man auch davon dass der Croup contagiös sein könne- eine Meinung die bestimmt jedes guten Grundes entbehrt.

Wir wagen nicht zu bestimmen wie viel von diesen Angaben der Diphtheritis und wie viel dem Croup gehöre. Wir haben an der Seeküste lange Jahre gelebt und den Croup nicht häufiger während dieser Zeit beobachtet als wir ihn mitten im Lande in einer sehr trocknen Gegend sahen, aber wir haben freilich auch immer streng zwischen Croup, Diphtheritis und Pseudocroup unterschieden.

Da man den exanthematischen, typhösen etc. Process auf der Schleimhaut des Kehlkopfs und der Trachea auch „Croup" zu nennen beliebt, so wird die ganze Lehre nur noch verworrener. Wir schliessen auch diese „secundären" Croups aus, haben indess schon an den passenden Stellen das Nöthige über diese „specifischen Entzündungen” gesagt.

S 186. Der Pseudocroup tödtet an sich wohl nicht leicht, und je nachdem man nun ihn und den wahren Croup zusammenwirft oder auseinanderhält, fällt natürlich das Urtheil über die Lethalität des Croups sehr verschieden aus. Nach unsern Erfahrungen stirbt weit über die Hälfte der Croupkranken, die Aussprüche indess von Andral und Guer sent dass kaum 70 gerettet werden können, beziehen sich wohl auf Krankenanstalten, Findel- und Waisenhauser, wo aber weniger der Croup als die Diphtheritis laryngea und trachealis herrschen, und die letzteren Formen sind unbedingt gefahrlicher als die wahre Entzündung der Luftröhrenschleimhaut. Diese lässt sich wirklich coupiren, wie andere Entzündungen, jene exsudativen Processe müssen ihre Stadien ablaufen und der Organismus erträgt die Beeinträchtigung des Respirationsprocesses nicht auf so lange. Der Grad dieser Beeinträchtigung giebt auch prognostische Criterien für den concreten Fall ab. Ist der Zustand so wie wir ihn gegen Ende des § 179 schilderten, so ist wohl keine Hoffnung zur Lebensrettung mehr vorhanden. Zwar haben wir Falle genug gelesen wo irgend eine Methode oder ein Mittel auch noch in diesem Zustande wunderbare Hülfe geleistet haben soll allein wir konnten den Erzählungen nie rechten Glauben schenken, weil die ganze Darstellung immer übertreibend gehalten war. Wer selbst oft am Krankenbette unbefangen beobachtet hat, lässt sich durch die Epitheta der Observationenschreiber nicht mehr täuschen, und weiss sehr wohl die Ausdrücke ,, fürchterliche Athemnoth", „unsägliche Angst", ,, schrecklicher Anblick", „dunkelblaues Gesicht" etc. nach ihrem wahren Gehalte zu würdigen. Wäre nur 1/10 der beschriebenen Observationen wirkliche, strenge Wahrheit, so stünde es ganz anders um die ärztliche Kunst als es der Fall ist.


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Anwendung gerechtfertigt zu sein. Sie ist eben als ultimum refugium zu benutzen, nicht aber um doch „Alles zu probiren", sondern weil die Gestaltung der Krankheit gerade nur sie erfordert. Man scheint bei Beurtheilung dieser Art der Anwendung des kalten Wassers das wesentlichste Moment übersehen zu haben, indem man nur auf die Kälte sah und glaubte denselben Erfolg auch durch kalte Umschläge auf den Hals oder Nacken erzielen zu können. Auf diese Art will man dann auch feliciter den Croup „curirt" haben. Allerdings könnte man wohl durch topische Anwendung der Kälte eine Stase und eine beginnende Laryngitis unterdrücken, die ausgebildete aber sicher nicht. Hier darf man nur an die Erfahrungen der Augenärzte appelliren. Es giebt zwar Hydriatriker genug welche kaltes Wasser als das Hauptmittel beim Croup empfehlen und natürlich auch bestätigende Erfahrungen in Menge erzählen. Die Aufsätze indess die wir gelesen haben, waren nicht der Beachtung weiter werth.

Zu den Ableitungsmitteln die man anordnet gehören auch Klystiere. Giraudi setzt ihnen Jalappe zu, Authenrieth empfahl Essigklystiere (bei sehr kleinen Kindern '. Esslöffel auf 3/4 Tasse Wasser, bei ältern natürlich mehr) die man täglich 2 mal und öfter appliciren soll.

Bedeutende Aerzte empfehlen, den Croupkranken gleich nach der Blutentziehung in ein warmes Bad zu bringen. Warme Bäder sollen

die Reizung vermindern, den Krampf beschwichtigen und die Hautausdünstung befördern." Wir haben uns indessen immer vor dem warmen Bade gescheuet so lange noch Entzündung da war. Bei Lungenentzündungen namentlich fanden wir immer, dass das Bad eher die Beklemmung vermehrt als vermindert, und Beförderung der Transpiration thut zu Anfange einer Entzündung nie gut. Wo warme Bäder wohl thaten waren gewiss mehr die Inhalationen wirksam als das Bad an sich.

$ 1ss. Hat man die im vorigen S angeführten Mittel den Verhältnissen des concreten Falles entsprechend in Anwendung gebracht und zeigt sich nun vermehrte Secretion, also mehr oder weniger Schleimrasseln, fängt namentlich auch die bis dahin trockne Nase an feucht zu werden, so hat die Lösung der entzündlichen Stase begonnen und nun kommt es auf Beförderung der Secretionsthätigkeit der Respirationsschleimhaut an. Man vergesse aber nie, dass auch jetzt noch die Entzündung wieder aufs neue auflodern kann. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sind nun Brechmittel angezeigt, theils um das vorhandene Secret zu entfernen, theils um zu vermehrter Secretion anzuregen, was sie in bohem Grade thun. Sie sind om so unentbehrlicher, je jünger der Kranke ist, je weniger daher die Expectoration selbstthätig geschieht. Jetzt passen auch oft die Antimonialien (zumal Kermes und Goldschwefel), und zwar um so mehr als das Fieber abnimmt und die Secretionen der Haut und der Schleimhäute einer Anregung bedürfen. Ist die Haut mehr kühl, droht Collapsus, dann ist der Campher in Verbindung mit Goldschwefel an seinem Platze. Wenn der Zustand ganz wie ein Brustcatarrh aussieht, dann passt auch die Senega, welche wir dann oft mit sichtbarem Nutzen gegeben haben, obwohl wir weit davon entfernt sind zu diesem Mittel zu greifen wo der Zustand noch bedenklich ist.


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Lungenentzündung. $ 190. Man unterscheidet die Entzündung der Lunge selbst (Pneumonia, Pulmonia , Peripneumonia, Inflammatio pulmonum) mit Recht von der Entzündung des Brustsells (Pleuritis, Inflammatio pleurae), wenn auch beide oft in Verbindung vorkommen, und - besonders vor einiger Zeit -- Mehrere geneigt waren die Pleuritis eigentlich nicht zu statuiren, sondern dieselbe für eine oberflächliche Lungenentzündung zu erklären.

Die Pneumonie definirte man bis auf die neueste Zeit gewöhnlich als: „Entzündung des Parenchyms der Lunge”, Rokitansky hat indess überzeugend nachgewiesen dass der Sitz des pneumonischen Processes die Wandung der Lungen zellen, also die Lungenschleimhaut sei, dass also Bronchitis, Bronchitis capillaris und Pneumonia nur nach der afficirten Parthie der Schleimhaut verschieden sind.

Die eigentliche, wahre Lungenentzündung (Pneumonia vera, exquisita, sthenica, irritabilis etc.) nennt Rokitansky croupöse Lungenentzündung", und von dieser sprechen wir zunächst.

Wie überall, so geht auch der Entzündung der Lunge kürzere oder längere Zeit ein Zustand von Hyperämie voraus. Die Hyperämie der Lungen kann activer oder passiver, acuter oder chronischer Art sein. Wird diese Hyperämie schon zur Stasis, so erscheint in der Leiche das Lungenparenchym dunkelblauroth oder schwarzroth, wie von Blut durchdrungen, und man bezeichnet diesen Zustand durch den Ausdruck Splenisation der Lungen, wegen der Aehnlichkeit im äussern Ansehen mit der Milz.

So geht die Splenisation der Entzündung voraus, deren erstes Stadium man entzündliche Anschoppung der Lungen(Engouement des poumons) nennt. Es ist dieses der Zeitraum der vermehrten Ergiessung des Blutserums ($ 2) welches die entzündeten Gewebe tränkt. (Man muss um sich hier zu orientiren, immer dessen eingedenk sein dass das Zellgewebe zwischen den Lungenbläschen ganz die Rolle des submucösen Zellgewebes anderer Schleimhäute spielt. Die Lunge besteht dem Wesen nach aus einer unzählbaren Anzahl von neben einander gelegten blind endigenden Schleimhautcanälchen, jedes einzelne Canälchen ist von einer Zellscheide umgeben, auf diese Art kommt das submucöse Gewebe in das Innere des Organs.) Dieses Serum ist roth gefärbt, wie man es nennt „blutig", wie bei allen Entzündungen. Die Lungensubstanz zeigt sich in Folge der Blutstase und der Ergiessung dunkelroth, schwerer, derber, behält nach dem Fingerdruck eine Grube zurück, sie ist zugleich erweicht, und da die Luft mehr oder weniger ausgetrieben wurde, so knistert sie auch viel weniger als im gesunden Zustande (ja wohl gar nicht) und ist specifisch schwerer.


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Uebrigens bleiben sich die Erscheinungen der Auscultation und Percussion gleich, mag die Hepatisation rotlı oder grau, die Lunge dabei hart oder weich, zähe oder mürbe sein. Abscesse lassen sich durch die physicalischen Zeichen auch nie erkennen, weil sie keine feste Wandung haben und immer mit Eiter gefüllt sind.

Die lobuläre Pneumonie giebt sich durch die Percussion nicht zu erkennen, und die Auscultation giebt fast jedesmal die Erscheinungen des Catarrhs.

Skoda schliesst seine Darstellung mit folgenden Worten: „Es geht hieraus hervor, dass die auscultatorischen Erscheinungen für sich nie allein im Stande sind, die Pneumonie erkennen zu lassen, dass serner die Auscultation in der Pneumonie nicht selten ganz indifferente Erscheinungen giebt, und dass nur die Bronchophonie, das bronchiale Athmen und die übrigen consonirenden Geräusche, so wie anderntheils das vesiculäre Athmen und das feinblasige, gleichblasige Rasseln die Erscheinungen sind, welche über die Beschaffenheit des Lungenparenchyms einen nähern Aufschluss ertheilen können, als man ihn nach der Zusammenstellung aller übrigen Erscheinungen erlangen könnte."

Wir sind natürlich ausser Stande aus dem Bereiche unserer Erfahrungen entscheiden zu können auf welcher Seite das Recht liege, ob bei Skoda oder bei Laennec, doch können wir nicht umhin uns vielmehr für die Ansichten des erstern zu erklären. Schon Chomel und Andral, namentlich der erstere, weisen viele von Laennec's Aussprüchen als unbegründet und übertreibend zurück.

$ 194. Neben den physicalischen Zeichen (S 193) bietet nun die Lungenentzündung noch folgende characteristische Zeichen dar: Schmerz auf einer Seite der Brust, beschwerliches und häufiges Athemholen, Husten; klebrige, blutige Sputa, mehr oder weniger intensives Fieber.

Die Entwickelung dieser Erscheinungen geschieht nicht immer in gleicher Reihenfolge. Zuweilen entsteht zuerst eine Synocha mit wechselnden Localaffectionen, bis sich im Verlaufe derselben der Krankheitsprocess in den Lungen fixirt. Meist aber treten die Fiebererscheinungen und die örtlichen Symptome gleichzeitig und plötzlich ein. Dann beginnt sie während des Tages oder gegen Abend mit mehr oder weniger Frost, der bei völligem Wohlbefinden eintritt und den Kranken zwingt sich niederzulegen; oder sie tritt während der Nacht im Schlafe ein, und dann fast immer ohne Frost mit brennender Hitze, die von Athmungsbeschwerden, von Husten, von Schmerz in einer Seite der Brust begleitet wird. Häufig entsteht zuerst eine mehr allgemeine Hyperämie der Bronchialschleimhaut, so dass die beginnende Krankheit wie ein Lungencatarrh aussieht, nach einigen Tagen aber tritt die Lungenentzündung deutlich hervor, indem sich die Affection in den Lungenbläschen concentrirt.


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ersten Theilungen der Bronchien eindringen; die Kranken können kaum sprechen, so keuchen sie, und wollen ersticken.

Mit der Zunahme der Respirationsbeschwerden wird die Expectoration schwieriger, die Sputa sind klein, graulich, zuweilen mit weissen und undurchsichtigen Linien durchzogen, die Physiognomie verändert sich immer mehr, die Augen sind weit offen und wie verstört, der Puls wird häufiger und schwächer, der Kranke muss mit der Brust hoch liegen und endlich hat er auch nicht mehr die Kraft zu expectoriren und die sich in den Luftröhrenästen anhäufenden Auswurfsstoffe erzeugen ein tiefes Schleimröcheln. Endlich wird der Puls unregelmässig, die Schwäche immer grösser, die Züge verfallen immer mehr, die Extremitäten werden kalt und der Kranke stirbt.

Die Beschränkung der Decarbonisation des Blutes hat auf die Fiebererscheinungen einen offenbaren Einfluss. Die Intensität des Fiebers vermindert sich scheinbar mit der steigenden Athmungsnoth, namentlich wird der Puls oft klein und schwach bei heftiger Entzündung und hebt sich dann nach Blutentziehungen. Grosse Frequenz des Pulses (über 130 in der Minute) ist sehr schlimm. Beim tödlichen Ausgange wird der Puls zuweilen langsamer während die Schnelligkeit des Athmens sich steigert.

Aber auch aus dem Stadium der Hepatisation ist noch immer Wendung zum günstigen Ausgange möglich, ja nach Chomel wird die Hepatisation etwa in der Hälfte der Fälle noch zertheilt. Dann lassen die Respirationsbeschwerden und das Fieber nach, es zeigt sich Schleimrasseln, der Auswurf erfolgt leicht, verliert seine zähe Beschaffenheit, hängt nicht fest an den Wänden des Gefässes an, wird dick, weissgelb und eiterförmig (Sputa cocta). Zugleich erscheinen denn auch bei Abnahme des Fiebers die allgemeinen Crisen, namentlich reichliche Schweisse und sedimentöser Urin. Ausser diesen aber haben sich öfters Diarrhoe, Nasenbluten und a. Blutungen, exanthematische Bildungen, Drüsenanschwellungen, Zellgewebsentzündung etc. als critische Erscheinungen gezeigt. In sehr vielen Fällen indess wo diese letztern Crisen sich zeigten, war die s. g. Lungenentzündung wohl eine secundäre, d. h. ein der Entzündung nur der Form nach verwandter Process.

S 195. Alle diese Erscheinungen bei der Pneumonie, sowohl die topischen Symptome als das Fieber, exacerbiren des Abends und remittiren gegen Morgen. Das Bild der Krankheit zeigt indess sich sehr verschieden, je nach den Verhältnissen. Zuerst sind hier die Complicationen mit andern Entzündungen von grossem Einfluss auf die Gestaltung, indem die diesen Entzündungen zugehörigen Symptome sich einmischen und öfters das Bild der reinen Pneumonie mehr oder weniger trüben. Am häufigsten erscheinen solche s. g. Complicationen mit andern Entzündungen, wenn eine Constitutio epidemica inflammatoria herrscht, dann nämlich localisirt sich der Krankheitsprocess oft in mehreren Organen zugleich. Die häufigste, fast constante Complication ist Pleuritis (S 192), und hier ist nun das Verhältniss verschieden, entweder waltet eine Entzündungsform vor oder beide sind dem Grade nach ziemlich gleich. Das letztere Verhältniss giebt dann die Pleuroperipneumonia (Pleuropneumonia) im engern Sinne. Es scheint auch als wenn in einzelnen Fällen eine dieser Affectionen in dem Maasse abnimmt als die andere sich entwickelt. Was die überall angeführte Verbindung der Pneumonie mit dem Catarrh betrifft, so haben wir uns schon dahin ausgesprochen dass wir an diese Verbindung nicht recht glauben (S 194). Wir haben die Influenza oft genug und jedesmal in einer überaus grossen Anzahl von Exemplaren beobachtet, gerade dann aber war Lungenentzündung selten, oft genug freilich ein bedeutender Lungencatarrh vorhanden, den man dann für Lungenentzündung ansprechen konnte; es kamen auch während der Influenza zwischenlaufende Pneumonien vor, wie sie unter allen Umständen vorkommen, nie aber haben wir die Umwandlung eines Catarrhs in eine Lungenentzündung oder umgekehrt, beobachtet, so sorgfältig wir auch seit vielen Jahren darauf achteten. So lange als in diesem Jahrhundert eine entzündliche epidemische Constitution stationär war, erschien der epidemische Catarrh nicht; seit der Zeit aber dass dieser häufiger erscheint fangen auch die Antimonialia an bei Behandlung der Pneumonia die Mercurialia zu verdrängen. Es ist dieser Umstand von tiefer Bedeutung für die Würdigung beider Mittel. Studirt man die Beobachtungen welche man mitgetheilt hat, um die Empfehlungen des weissen Antimonoxyds (Stibium oxydatum album, Antimonium diaphoreticum ablutum) als eines „Heilmittels in Lungenentzündungen” zu unterstützen, so sieht man sogleich dass die Beobachter es nie mit Pneumonie, immer nur mit Lungencatarrh zu thun hatten. Cf. Michel (Gaz. méd. de Paris. 1833. Dec.). Finaz (Rev. med. 1834. Mai). Malin (Huf. Journ. 1837. St. 7) etc.