(Star, Susan Leigh: Grenzobjekte und Medienforschung. (hg. von Sebastian Gießmann und Nadine Taha). Bielefeld: transcript Verlag 2017, S. 81.) Dieses Zitat beschreibt treffend die moderne Situation angesichts einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen. Es unterstreicht, dass ein Nachdenken über Wissenschaft das Bewusstmachen umfasst, dass es unterschiedliche Sichten auf Wissenschaft gibt und dass es nicht DIE Wissenschaft gibt, sondern dass man eigentlich von Wissenschaften mit ihren unterschiedlichen Sichten, Paradigmen und Methoden sprechen muss. Zu Wissenschaft und WissenschaftlichkeitEine der vier Leitideen bzw. Kerne der Hamburg Open Online University (HOOU) ist die Wissenschaftlichkeit – neben der Lernendenorientierung und Kollaboration, der Öffnung für neue Zielgruppen und die zivilgesellschaftliche Relevanz sowie Openness und Open Educational Resources (OER). Diese wird wie folgt benannt:
Offen bleibt hier aber letztlich, was Wissenschaftlichkeit nun aus Sicht der HOOU definiert. Dies könnte durchaus klarer formuliert sein. Anregungen dazu bieten z.B. folgende Texte: Wissenschaft als Begriff kann ganz unterschiedlich verstanden und verwendet werden.
(nach Helfrich, Hede: Wissenschaftstheorie für Betriebswirtschaftler. Wiesbaden: Springer Gabler 2016. S. 3-4)
Als Nichtwissenschaftler ist es oft schwer zu entscheiden, ob man den reißerischen News-Meldungen über ein Wasserauto oder der Aussage der Nachbarin über eine wunderbare Heilkraft der Homöopathie glauben sollte. Ich habe versucht den Unterschied zwischen den Wissenschaften und den Pseudowissenschaften in einer Tabelle darzustellen. Nicht alle diese Punkte treffen auf alle Wissenschaften oder alle Pseudowissenschaften zu, aber sie geben in etwa die Richtung vor ob es sich bei einer Lehre um Wissenschaft oder Humbug handelt. Damit kann man relativ schnell entscheiden, ob man eine Aussage ernst nehmen kann. Im unteren Bereich findet man eine Auswahl an Beispielen für Wissenschaften und Pseudowissenschaften.
Beispiele für Wissenschaften: Archäologie, Astronomie, Biologie, Chemie, Geografie, Geschichte, Linguistik, Meteorologie, Pharmazie, Physik, Soziologie, evidenzbasierende Medizin. Beispiele für Pseudowissenschaften/Esoterik: Anthroposophie, Astrologie, Bachblüten, Belebtes (energetisiertes) Wasser, Bioresonanztherapie, Feng Shui, Homöopathie, Kreationismus, Lichtfasten, Quantenmedizin, Radiästhesie, Reiki, Religionen, Schüßler-Salze, Urkost, Wünschelruten. Konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge sind willkommen.
Die Wissenschaft strebt Erkenntnisgewinn (Forschung) und -vermittlung (Lehre) an, wobei sie anerkannte und gültige Methoden benutzt und Resultate veröffentlicht bzw. einbezieht. Sie ist in gewissem Sinne voraussetzungslos und ergebnisoffen, anders als etwa die christliche Theologie. Die westliche Philosophie kann als Mutter mehrerer Einzelwissenschaften gelten. Diese zeichnen sich durch einen klar benennbaren Gegenstandsbereich aus. So widmet sich die Physik der unbelebten Natur, die Biologie der belebten, die Psychologie dem menschlichen Erleben, Verhalten und Bewusstsein. Es finden sich bei ihnen rationale oder empirische, generelle oder spezifische Methoden, die in der Wissenschaftstheorie (einem Teilgebiet der Philosophie) erklärt und begründet werden. EntwicklungDie westliche Philosophie, wie sie sich im antiken Griechenland herausgebildet hat, wendet sich von religiösen Erklärungsmodellen ab. Sie beinhaltet u.a. Wissenschafts- und Erkenntnistheorie, Ontologie und Ethik und hat starke Bezüge zu Mathematik und Naturwissenschaft, mit Protagonisten wie Thales, Pythagoras und Demokrit. Die von Platon im Jahre 387 v.u.Z. gegründete Schule in Athen (Platonische Akademie) gilt als einer der ersten Lehrbetriebe. Sein Schüler Aristoteles ist einer der wichtigsten Philosophen überhaupt und in manchen Aspekten einer der ersten modernen Wissenschaftler. Die Wissenschaft hatte in der Renaissance einige Höhepunkte, ebenso im 19., 20. und 21. Jahrhundert; im Orient war das Mittelalter ihre Blütezeit. WissenschaftsfreiheitDie Wissenschaftsfreiheit (oder akademische Freiheit) hat ihren Ursprung in der Platonischen Akademie und umfasst die Freiheit von Forschung und Lehre sowie des Lernens. Sie ist ein Grundrecht und in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Verfassung verankert. Forschungsfreiheit bedeutet, dass Forschende das Recht haben, inhaltlich und methodisch selbstbestimmt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu streben, akademische Institutionen die Pflicht, den geeigneten Rahmen dafür zu schaffen. Während Forschung und Entwicklung bis auf wenige Ausnahmen frei zu sein haben, kann die Anwendung durchaus reguliert werden. Die Lehrfreiheit (eine Form der Redefreiheit) ist das Recht der Dozierenden, die Lehre inhaltlich und didaktisch eigenständig auszugestalten. Kritik und AusblickDie Wissenschaft kann auf eine jahrtausendealte Erfolgsgeschichte zurückblicken. Sie hat Krankheiten besiegt und Behinderungen beseitigt, das Flugzeug, den Computer und den Roboter ermöglicht sowie den Weltraum erobert, sie ist Basis und Motor der Wirtschaft und, wie die Kunst, eine Quelle des Glücks. Zugleich ist sie mehr denn je Anfeindungen ausgesetzt, durch Politikstrategen, Meinungsmacher, Verschwörungstheoretiker, Fundamentalisten und Esoteriker – und gerät in Zwänge und Abhängigkeiten. Genau dagegen richtet sich ernsthafte Kritik, ebenso gegen Versuche und Ergebnisse, die Tieren und Menschen schaden. Wissenschaftsbetrieb und -kommunikation sind offenbar neu auszurichten. Die Wissenschaftsethik mag den Nährboden, die Rahmenbedingungen und die Grenzlinien der Wissenschaft sowie die Folgeerscheinungen einer Pseudowissenschaft herausarbeiten. |