Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz

In vielen Arztpraxen stehen neben den abgeschlossenen Arztzimmern auch Kabinen zur Behandlung von Patienten zur Verfügung. Diese Arztkabinen sind in der Regel oben offen, von dünnen Sperrholz- oder Gipswänden umgeben und am Eingang mit einem Vorhang versehen. Was in diesen Kabinen besprochen wird, kann von Dritten mitgehört werden, die sich im Gang oder in den Nachbarkabinen aufhalten. Datenschutzrechtlich ist das sehr bedenklich.

Mangelnder Datenschutz in Arztkabinen

Zwischen Arzt und Patient besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis. Was zwischen ihnen besprochen wird, ist nicht nur durch datenschutzrechtliche Regelungen geschützt, sondern unterfällt auch der ärztlichen Schweigepflicht. Wird über Krankheiten und ihre Behandlung gesprochen, handelt es sich dabei um Gesundheitsdaten, die schon aus datenschutzrechtlichen Gründen besonders sorgfältig geschützt werden müssen.

Das gilt nicht nur für Gespräche mit dem Arzt selbst. Auch Informationen, die mit dem Personal der Praxis ausgetauscht werden, können diesen strengen Regelungen unterliegen.

Datenschutz schon bei der Praxisplanung einbeziehen

Schon bei der Einrichtung einer Arztpraxis sollten datenschutzrechtliche Fragestellungen bedacht werden. Räume, in denen Patienten behandelt werden, sollten nicht nur gegen neugierige Blicke geschützt werden. Zusätzlich ist auch noch auf den Schallschutz zu achten, damit Dritte die in dem Behandlungsraum geführten Gespräche nicht mithören können. In oben offenen und lediglich durch dünne Wände oder Vorhänge vom Rest der Praxis abgetrennten Kabinen ist dies nicht gewährleistet.

Gespräche mit dem Patienten über seine Krankheiten, deren Verlauf und ihre Behandlung sollten daher grundsätzlich nur in nach allen Seiten abgeschlossenen und schallgeschützten Räumen erfolgen. Im Idealfall finden sich daher in einer modernen Praxis keine Arztkabinen oder andere offenen Räume zur Behandlung von Patienten mehr.

Manchmal muss die Behandlung eines Patienten jedoch, z.B. bei einem Verbandswechsel oder bei der Blutabnahme, in einer Kabine erfolgen. Dann ist darauf zu achten, dass in dem mit dem Patienten geführten Gespräch möglichst keine sensiblen, den Krankheitsverlauf betreffenden Informationen preisgegeben werden. Alternativ sollte sich während der Besprechung mit dem Patienten keine weiteren Personen in Hörweite, also z.B. in der Nachbarkabine oder auf dem Gang, befinden.

Wichtig: Schulung des Praxispersonals

Auch das Praxispersonal sollte darauf hingewiesen werden, dass die in den Arztkabinen geführten Gespräche von Dritten mitgehört werden können. Die Inhalte dieser Gespräche sollten daher auf unverfängliche Themen beschränkt werden. Nicht selten werden Praxismitarbeiter auch von besorgten Patienten z.B. beim Verbandswechsel über den Heilungsverlauf ihrer Wunden befragt. Manchmal werden sie dabei auch in weitere Leiden des Patienten oder anderer Personen eingeweiht, was nach Möglichkeit unterbunden werden sollte. Dies kann unter Umständen auch mit einem freundlichen Hinweis auf den Datenschutz geschehen.

Was kann ich als Patient tun?

Auch als Patient kann ich etwas zum Schutz der meiner Daten beitragen. Eine Arztkabine ist nicht der passende Ort für ein Patientengespräch. Werde ich in einer solchen Kabine behandelt, sollte ich nach Möglichkeit nur solche Informationen preisgeben oder beim Praxisteam abfragen, die auch die mithörenden Kabinennachbarn erfahren dürfen. Allzu persönliche Informationen sollten hier nicht mitgeteilt, Gespräche über den Krankheitsverlauf nicht geführt werden. Der richtige Ort für ein eingehendes Gespräch mit dem Arzt ist das Arztzimmer.

Bin ich als Patient in einer Arztkabine gezwungen, z.B. das Gespräch meines Nachbarn mit unserem gemeinsamen Hausarzt mitzuhören, sollte ich das Praxispersonal darauf hinweisen, dass hier ein möglicherweise vertrauliches Gespräch mitangehört werden kann und nach Möglichkeit den Raum verlassen. Erfahre ich auf diesem Weg Neues, sollte ich mein Wissen für mich behalten und nicht weitererzählen.

Vertrauensverhältnis kann leiden

So trivial diese Ratschläge auch klingen, beachtet werden sie nicht überall. Beschwerden über Arztgespräche, die in nur unzureichend gegen das Mithören geschützen Kabinen geführt wurden, sind sehr häufig. Sehr oft sorgen sie dafür, dass sich ein Patient bei der Behandlung unwohl fühlt, worunter das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient leiden kann. Das zu vermeiden, sollte Ziel des Arztes sein.

Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz
Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz
Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz
Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz
Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz

So kann es Ihnen derzeit in Arztpraxen, landauf, landab ergehen. Die durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hervorgerufene Verunsicherung ist immens und führt zu immer absurderen Situationen. Viele Arztpraxen sind dazu übergegangen, für jedwede Form der Datenverarbeitung eine Einwilligungserklärung der Patienten einzuholen. Dies beginnt mit dem namentlichen Aufrufen der Patienten, geht über die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten bis hin zur Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit der Krankenkasse.

Doch schauen wir uns die Themenfelder einmal einzeln an:

Der namentliche Aufruf in der Praxis

Es ist schnell auf den Punkt gebracht: Für den namentlichen Aufruf in der Praxis braucht es keine Einwilligung! Menschen beim Namen zu nennen war und ist sozial- und grundrechtsadäquat und daran hat auch die DSGVO nichts geändert (vgl. hier).

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ Wie schon beim Osterspaziergang in Goethes Faust, müssen wir uns auch in Arztpraxen nicht in Nummern verwandeln!

Gleiches gilt übrigens auch für die Visite im Krankenhaus. Hier ist es auch nicht erforderliche, die einzelnen Patienten (in ihren Betten) tetrisgleich zu verschieben, damit das medizinische Team nur mit einem Patienten sprechen kann.

Schweigepflichtentbindung

Die Zusammenarbeit mit anderen Ärzten, Laboren und den Krankenkassen kann unter „Schweigepflichtentbindung“ zusammengefasst werden. Grundsätzlich sind alle Verarbeitungen, die zur Erfüllung des Behandlungsvertrages notwendig sind, durch den Behandlungsvertrag gedeckt. Der Behandlungsvertrag stellt eine Befugnis für die Datenverarbeitung gemäß Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe h) und Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b) DSGVO dar. Eine Einwilligung ist nicht erforderlich!

Auch diverse andere Gesetze räumen Ärzten Übermittlungsbefugnisse zu. Beispielhaft und keineswegs abschließend seien ein paar genannt:

  • Infektionsschutzgesetz (§§ 6 ff. IfSG),
  • Röntgenverordnung (§ 17a Abs. 4 RöV, § 28 Abs. 8 RöV),
  • Betäubungsmittelgesetz i. V. m. § 5b BtMVV,
  • Personenstandsgesetz (§ 19 PStG).

Auch an Krankenkassen dürfen Daten weitergeleitet werden. Sonst könnten diese ja z.B. gar nicht mit den Ärzten abrechnen. Sich auf eine Einwilligung zu berufen, ist indes keine gute Idee. Denn was passiert, wenn der Patient seine Einwilligung widerruft?

Externe Abrechnungsstellen

Aufgepasst werden muss jedoch bei der Einbindung externer Abrechnungszentren. Diese kommen vor allem bei den sog. IGeL-Leistungen (Individuellen Gesundheitsleistungen) oder bei Privatpatienten zum Einsatz. Hier ist nach wie vor eine Einwilligung erforderlich!

Im Umfeld ärztlicher Arbeit entstehen in einem Umfang sensible personenbezogene Daten wie in kaum einem anderen Bereich. Die Unsicherheit der Patienten darüber wächst, wie ihre Daten verwendet werden.

Was ist bei Visiten zu beachten Datenschutz

Foto: Jalees & Smith

Um der Unsicherheit von Patienten, deren Angehörigen und auch den Kollegen gezielt zu begegnen, ist es wichtig, dass Ärzte ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen im Umgang mit Daten vermitteln. Dies gelingt, wenn sie darauf achten, die Daten mit größtmöglicher Sorgfalt und Vertraulichkeit zu behandeln und den Datenschutz nicht nur als lästige Pflicht wahrzunehmen.

Ärzte nutzen täglich unzählige sensible Daten

Allein aufgrund der Vielzahl an sensiblen Daten, die Ärzte tagtäglich nutzen, wird der Datenschutz immer mehr elementarer Bestandteil des klinischen Alltags. Aber auch die wachsende Sensibilität von Patienten und Angehörigen rückt das Thema Datenschutz stärker in den Fokus aller.

Unter Datenschutz versteht man das Persönlichkeitsrecht einer jeden Person, den Schutz ihrer personenbezogenen Daten vor Missbrauch während der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung zu gewährleisten. Seinen Ursprung nimmt der Datenschutz im Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Er wird im klinischen Bereich um die Regelungen zum medizinischen Standesrecht mit der Verpflichtung zur ärztlichen Schweigepflicht ergänzt, die in § 203 Strafgesetzbuch festgelegt ist.

Mit personenbezogenen Daten sind alle Daten gemeint, die es Dritten ermöglichen, eine Person zu bestimmen oder bestimmbar zu machen. Das sind beispielsweise Angaben wie Familienname, Adresse oder Geburtsdatum. Gerade im Krankenhaus und anderen medizinischen Einrichtungen sind damit jedoch auch medizinische Daten wie spezifische Krankheitsverläufe und Krankheitsbilder gemeint. Solche medizinischen Daten nehmen im Datenschutz aufgrund ihrer überdurchschnittlich hohen Sensibilität eine Sonderstellung als sogenannte besondere Arten personenbezogener Daten ein. Sie sollen durch zusätzliche Sicherungsmaßnahmen vor dem Zugriff Dritter geschützt werden. Ein solcher Schutz beginnt stets im Handhaben der Daten und im Gestalten der Räumlichkeiten wie den Arzt- und Behandlungszimmern, in denen Daten erhoben, gespeichert oder bearbeitet werden.

Wie Arbeitsplätze gestaltet werden sollten

Daher lassen sich aus den geltenden Datenschutzgesetzen auch direkt einige praktische Vorgaben ableiten, wie die ärztlichen Arbeitsplätze und der Umgang mit sensiblen Daten dort gestaltet werden sollte. Grundsätzlich sollten diese von außerhalb oder durch Unbefugte nicht einsehbar oder abhörbar sein. Unbefugte sind im Kontext des Datenschutzes nicht nur Besucher oder andere Patienten. Auch Mitarbeiter des Krankenhauses sind gemeint, die nicht direkt an der Behandlung eines Patienten beteiligt sind. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass Ärzte die Türen und Fenster von Arztzimmern beim Verlassen abschließen sollten, um einen unbefugten Zutritt und Zugriff auf Patientenakten und andere dort liegende Unterlagen zu verhindern.

Auch an den Stationsstützpunkten, in denen in der Regel eine Fülle von Unterlagen und Informationen zusammenlaufen und gesammelt werden, ist auf eine datenschutzgerechte Gestaltung zu achten. Prinzipiell sollten Unterlagen und Monitore nicht einsehbar in den Stützpunkten gelagert oder angebracht sein. Am Stützpunkt selbst, sofern ein Mithören möglich wäre, sollten Mitarbeiter keine Gespräche oder Telefonate mit sehr sensiblen Inhalten führen.

Ebenso sollten Krankenhäuser bereits beim baulichen Gestalten von Behandlungs- oder Sprechzimmern, beispielsweise in der Notaufnahme, darauf achten, dass diese nicht nur durch einen Sichtschutz, sondern ebenso akustisch getrennt werden. Erst dadurch kann sichergestellt werden, dass die Behandlung in einem Behandlungszimmer vertraulich abläuft. Diese Privatsphäre in einer meist sehr sensiblen Situation steigert darüber hinaus auch die Patientenzufriedenheit.

Handhabung von Patientenakten und Arztbriefen

Neben diesen räumlichen Aspekten gilt es jedoch auch, die Handhabung mit datenschutzrechtlich relevanten Unterlagen wie Patientenakten, Befunden oder Arztbriefen am Arbeitsplatz zu beachten. Diese sind gerade in den Stationsbereichen von Bedeutung, da es hier nur selten möglich ist, einen abgeschlossenen und nicht zugänglichen Arbeitsbereich zu definieren. So findet ein Großteil ärztlicher Tätigkeiten dort statt, wo sich gerade über den Tag hinweg sowohl viele unterschiedliche Besucher und Patienten aufhalten als auch Mitarbeiter, die oftmals hektisch arbeiten. In diesem Umfeld ist es unerlässlich, dass Mitarbeiter Patientenakten während Visiten oder anderweitiger Bearbeitung nicht offen oder zugänglich ablegen. Diese sollten, sofern sie unbeaufsichtigt sind, stets verschlossen aufbewahrt werden, zum Beispiel in einem abschließbaren Visitenwagen oder in Aktenschränken. Da schon viele Krankenhäuser überwiegend digital arbeiten, betreffen diese Anforderungen zugleich all jene Daten, die digital über den Patienten vorliegen. Dies hat zur Folge, dass es wichtig ist, den PC-Arbeitsplatz zu sperren, wenn man ihn verlässt, um die Daten gegen unberechtigte Einsicht zu schützen.

Abseits des Krankenhausinformationssystems, das durch einen persönlichen und mit Passwort geschützten Zugang gesichert ist, sind damit auch Daten auf mobilen Datenträgern, in E-Mails oder auf Laptops gemeint. Besonders für mobile Datenträger wie USB-Sticks gilt es, Vorsicht walten zu lassen, da diese wegen ihrer geringen Größe einfacher verlegt, vergessen oder gestohlen werden können. Darüber hinaus sind sie das Einfallstor für gezielt in das System eingebrachte Schadsoftware und Datendiebstahl. Sollte es notwendig sein, personenbezogene Daten darauf kurzzeitig zu speichern oder sie mit deren Hilfe zu übertragen, muss der Mitarbeiter mit den Datenträgern in ähnlicher Sorgfalt umgehen wie mit den gewöhnlichen Patientenakten. Er sollte die Daten verschlüsseln und nach dem Übertragen umgehend löschen. Zudem sollte er den Datenträger nicht an Dritte weitergeben.

Regelmäßige Schulungen und Begehungen

Datenschutzgerechte klinische Arbeitsplätze erfordern neben rein baulichen und räumlichen Gegebenheiten den Umgang mit sensiblen Daten zu bedenken und sich selbst und Mitarbeiter zu sensibilisieren. Der richtige Ansprechpartner dafür ist zum Beispiel der Datenschutzbeauftragte, der dies in regelmäßigen Schulungen und Begehungen sicherstellen kann.

Sarah Braun, M. Sc.

Beraterin

Sanovis GmbH

81679 München